Anamnese und klinischer Befund: Bei einem jetzt 45-jährigen Mann wurde vor 8 Jahren eine Colitis ulcerosa diagnostiziert. Die anfänglichen Beschwerden (Blutbeimengungen im Stuhl) klangen unter Therapie mit Mesalazin 3 g/Tag rasch ab. Derzeit nimmt er noch 1,5 g Mesalazin/Tag. Vor etwa 5 Jahren fiel bei einer Routinekontrolle folgende Laborkonstallation auf: GOT 25 U/l, GPT 28 U/l, alkalische Phosphatase 350 U/l, γGT 180 U/l. Bilirubin 0,9 mg/dl. p-ANCA positiv.Untersuchungen: Bei der Koloskopie zeigte sich eine inaktive Colitis ulcerosa mit Befall des gesamten Colon, zahlreiche kleine Pseudopolypen zwischen Mitte des Colon transversum und Rectum. Keine höhergradigen Dysplasien. Die ERCP ergab mehrere mittelgradige Stenosen der intrahepatischen Gallengänge. Die extrahepatischen Gallenwege waren unauffällig.Diagnose, Therapie und Verlauf: Es wurde eine PSC bei Colitis ulcerosa diagnostiziert und eine Therapie mit UDC 4 × 250mg/ Tag eingeleitet (bei weiterhin 3 × 500mg Mesalazin/Tag). Die Werte besserten sich für die folgenden 4 Jahre. Aktuell stiegen Transaminasen und Cholestaseenzymen wieder an. Bei einer ERCP wurden jetzt zwei hochgradige Stenosen im Gallenwegssystem nachgewiesen: eine im rechten Ductus hepaticus knapp vor der Hepaticusgabel, eine zweite im linken Leberlappen peripher. Die Stenose rechts konnte nach Papillotomie erfolgreich dilatiert werden. Die linksseitige Stenose kann nicht erreicht werden. Nach dem Eingriff kam es zu einer Cholangitis, die mit Ceftriaxon erfolgreich behandelt wurde. Als Therapie erhält der Patient jetzt UDC 4 × 250 mg/Tag, Mesalazin 3 x 500 mg /Tag. Geplant sind eine erneute Koloskopie mit der Fragestellung kolorektales Karzinom oder höhergradige Dysplasien sowie eine CT und MRI des Abdomens mit der Fragestellung: cholangiozelluläres Karzinom.
Primär sklerosierende CholangitisDie primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine chronisch-progressive, cholestatische Lebererkrankung, charakterisiert durch Entzündung, Fibrose und schließlich Strikturen der kleinen, mittleren und großen intra-und extrahepatischen Gallengänge (24). Die Gallengangsentzündung führt zur Cholestase, greift dann auf das Leberparenchym über und resultiert schließlich in einer biliären Zirrhose.Die Prävalenz der PSC in den westlichen Industrienationen ist unbekannt, sie wird auf 1-6/100 000 geschätzt. Diese Schätzungen basieren auf Prävalenzdaten zur Colitis ulcerosa, denn die PSC ist in ca. 90% mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) assoziiert, insbesondere mit der Colitis ulcerosa (6). Etwa 5% der Patienten mit CED entwickeln eine PSC. Obwohl bei der Colitis ulcerosa beide Geschlechter gleich häufig betroffen sind, sind 70% der Patienten mit PSC Männer, mit einem durchschnittlichen Alter von 40 Jahren bei Diagnosestellung. Patienten mit PSC ohne begleitende CED sind häufiger Frauen.
Ätiologie und PathogeneseDie Ätiologie der PSC ist weitgehend unbekannt (24). Die starke Assoziation mit CED haben einerseits an eine infektiöse Genese mit Einwanderung von Bakterien über den Darm, andererseits...