Zusammenfassung
Hintergrund Patient*innen mit einer Borderline
Persönlichkeitsstörung (BPS) bringen aufgrund der
Schwierigkeiten in Selbstregulation und Interaktion besondere Anforderungen an
Therapien mit, die bei BPS-spezifischen Ansätzen auch adressiert werden.
Vor diesem Hintergrund wurden ambulante Psychotherapeut*innen nach den
Faktoren befragt, die in ihrem therapeutischen Angebot für
Patient*innen mit BPS eine entscheidende Rolle spielen.
Methode Über ihre auf der Internetseite der
Kassenärztlichen Vereinigung veröffentlichte Emailadresse wurden
Psychotherapeut*innen für Erwachsene kontaktiert, wovon 231
einen Online-Fragebogen beantworteten. Die Ergebnisse wurden deskriptiv
ausgewertet und im Hinblick auf das Aufnahmeverhalten der
Psychotherapeut*innen inferenzstatistisch untersucht.
Ergebnisse Fast 90% gaben an, dass sie Patient*innen mit
BPS generell in eine Therapie aufnehmen würden. Von diesen hatten jedoch
85% keinen Therapieplatz zur Verfügung. Die erlernte
Verfahrensrichtung der Psychotherapeut*innen war dabei nicht
ausschlaggebend dafür, ob sie zur Behandlung bereit waren. Die meisten
Psychotherapeut*innen (85%) empfahlen eine
BPS-störungsspezifische Therapie wie die Dialektisch-Behaviorale
Therapie (DBT), die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT), die
Übertragungsfokussierte Psychotherapie (TFP) oder die Schematherapie
(ST). Allerdings waren nur knapp 7% in einem solchen
störungsspezifischen Verfahren zertifiziert. Als deutliche
persönliche Belastungsfaktoren wurden vor allem das
Suizidalitätsrisiko (70%) und potenzielle fremdaggressive
Verhaltensweisen (59%) genannt. Zudem zeigte sich, dass es für
das Aufnahmeverhalten eine Rolle spielte, ob die Psychotherapeut*innen
in einem zusätzlichen Therapieansatz (mit mind. 16 Unterrichtseinheiten)
weitergebildet waren oder nicht.
Schlussfolgerung Die Versorgungssituation für Menschen mit BPS,
die einen ambulanten Psychotherapieplatz suchen, ist nach wie vor als
unzureichend zu bewerten. Dies liegt vor allem an einem allgemeinen Mangel an
verfügbaren Therapieplätzen sowie an verschiedenen
Ängsten und Befürchtungen, wie die erhöhte
Suizidalität, die sich wiederum negativ auf das ambulante
Therapieangebot auswirken können. Psychotherapeut*innen, die
eine störungsspezifische Weiterbildung absolviert haben, fühlen
sich durch suizidale Verhaltensweisen weniger belastet. Da jedoch wenige
Therapeut*innen BPS-spezifische Therapien anbieten können, ist
es unumgänglich, spezifische Weiterbildungsangebote auszubauen und auch
(finanziell) zu unterstützen. Um dem Versorgungsbedarf gerecht zu
werden, sind berufliche Veränderungen dringend notwendig.