EinleitungBleomycin, ein Vertreter der zytostatisch wirksamen Antibiotika, besteht aus einem Gemisch basischer Glykoproteide, das erstmals 1965 von Umezawa aus Streptomyces verticillus isoliert werden konnte [1]. Als typische Behandlungsindikationen gelten Plattenepithelkarzinome der Haut und Schleimhäute, Lymphome und Hodentumore. Die pharmakologische Wirkung des Bleomycins beruht dabei auf einer Störung des Einbaus von Thymidin in die DNA, wodurch deren Synthese blockiert und die Zellteilung verhindert wird [2,3]. Die enzymatische Inaktivierung erfolgt durch eine Hydrolase, deren jeweilige Gewebekonzentrationen in der Haut und der Lunge deutlich erniedrigt sind [4]. Dies erklärt einerseits die selektive Anreicherung in den beiden Organsystemen, andererseits aber auch die hier gehäuft auftretenden Nebenwirkungen. Während pulmonal die interstitielle Fibrose als die typische Nebenwirkung einer Bleomycin-Therapie angesehen wird, die bei bis zu 12 % der behandelten Patienten auftritt und pathogenetisch als Folge einer Verbrauchskoagulopathie interpretiert wird, findet sich an der Haut ein klinischmorphologisch und pathogenetisch unterschiedliches Spektrum von Nebenwirkungen, von denen einige als auûerordentlich typisch, andere sogar als substanzspezifisch bezeichnet werden [5 ± 7]. Hierzu zählen neben Hyperpigmentierungen und der Bleomycin-induzierten Pseudosklerodermie auch die Flagellantendermatitis, die ein unverwechselbares klinisches Bild bietet, wie dies auch die nachfolgende Kasuistik belegt.
ZusammenfassungWir berichten über einen 43-jährigen Patienten, der sich bei pulmonaler Metastasierung eines malignen Keimzelltumors einer Polychemotherapie mit Bleomycin, Etoposid und Cisplatin unterziehen musste. Unmittelbar nach Einleitung der Behandlung entwickelte sich eine ausgeprägte Flagellantendermatitis. Nachdem daraufhin Bleomycin durch Ifosfamid ersetzt wurde, konnte bei den nachfolgenden Behandlungszyklen kein Rezidiv der Dermatose beobachtet werden. Die Flagellantendermatitis, benannt nach den Büûern des Mittelalters, den Flagellanten, die sich durch Geiûeln strichförmige Verletzungen zufügten, ist als Nebenwirkung einer Chemotherapie bisher nur bei Bleomycin beschrieben worden. Pathogenetisch lässt auch die hier vorgestellte Kasuistik einen direkten toxischen Effekt des Zytostatikums vermuten.
AbstractWe report on a 43 years old patient who had to undergo a polychemotherapy consisting of bleomycin, etoposide and cisplatine due to a malignant germ cell tumor with accompanying pulmonal metastasis. Immediately after therapy initiation an extensive flagellate dermatitis developed. Then, bleomycin was replaced by ifosfamide, and no further dermatitis was observed during the subsequent treatment cycles. Fagellate dermatitis, named after the medieval penitents ± the Flagellants , who selfinflicted streaky injuries by whipping themselves, is a side effect of a chemotherapy which has been up to now described only for bleomycin. This case report corroborates the assumption that pathogenetically this cystostatic drug ...