A. Einleitung und FragestelIungDer Kreislauf hat die Aufgabe, mit Hilfe seiner fein abgestimmten zentralen und peripheren Regulationsmechanismen die verschiedenen Organe entsprechend ihrem jeweiligen Funktionszustand ausreichend mit Blut zu versorgen und so die erforderlichen Stoffwechselvorgange zu unterhalteii. Diesem Ziel kann das Kreislaufsystem, das vom Hrrzen und den verzweigten Gefiflen gebildet uiid durch besondere nervose Zentren gesteuert wird, nur durch Erhaltung eiiies ausreichenden arteriellen Blutdruckes bei genugendem Herzminutenvolumen gerecht werden. Voraussetzung dafur ist ein der Weite oder dem Spannungszustand der Gefafle angepafltes nutzbares Blutvolumen, das den fur die Herzaktion erforderlichen venosen Ruclrstrom ermoglich.Storungen der Funktion des Herzens, des Regulationssystems oder im Bereich der Gefaflwande sowie ein unzureichendes Zirkulationsvolumen fuhren bei Mensch und Tier zu den verschiedenen Formen der Insuffizienz des Kreislaufes. Dabei wird grundsatzlich eine Herz-und eine Gefiflinsuffizienz unterschieden.Eine Gefaflinsuffizienz, bei der durch anhaltenden mangelhaften Blutzustrom zum Herzen das fur die Sauerstoffversorgung des Organismus erforderliche Minutenvolumen nicht aufrechterhalten werden kann, verursacht mannigfaltige Storungen des Gesamtstoffwechsels, Organveranderungen und schliefllich auch eine sekundare Herzschadigung und den Tod. Dieser Zustand, der im einzelnen wegen der Vielfalt der moglichen pathophysiologischen Reaktionen schwer klar definierbar ist, wird in der Klinik haufig als ,,Schock" bezeichnet. Klinische und experimentelle Untersuchungen uber das Schockproblem haben oft zu verschiedenen und sogar widerspruchsvollen Ergebnissen gefuhrt. Eine allgemein anerkannte prazise Definition des vielgebrauchten Begriffes ,,Schock" fehlt bis heute, so dai3 sich dieser Zustand nicht eindeutig abgrenzen *) Habilitationsschrift. (Die Untersuchungrn wurden im Juni 1957 abgeschlossen.) I. E n t w i c k l u n g d e s B e g r i f f e s , , S c h o c k " Bereits im 16. Jahrhundert beschreibt PARB (1582) einen Zustand, der durch Blasse, kalten Schweii3, nicht palpierbaren Puls, Herzschwache, Sensibilitatsverlust und Bewegungsunfahigkeit gekennzeichnet ist und als Folge traumatischer Insulte aufgefagt wird. Khnliche Erscheinungen sind schon vorher als ,,Scheintod" oder ,,petite mort" beschrieben worden. Bis zum heutigen Tag ist der Strom von Untersuchungen und Arbeiten, die sich mit diesem Symptomenkomplex befassen, nicht mehr versiegt. LE DRAN (1743) wird zugeschrieben, dafur die Bezeichnung ,,choc" eingefiihrt zu haben. Er benutzt diesen Namen mehr zur Kennzeichnung des Unfallereignisses selbst, wahrend in der Folge bereits seit HUNTER (1794) und Experimentelle Untersuchungen zur Bekampfung des Schodrs 517 BELL (1795) die iiber die lokalen traumatischen Veranderungcn hinausgehenden Wirkungen auf den Gesamtorganismus in diesen Begriff eingeschlossen werden. GUTHRIE (1 815) empfiehlt, Operationen erst nach dem Abflauen von Aufregung und ,,shock" vorzunehnen. TRAVERS (1826) ve...