Bereits 1894 isolierten Michaelis und Schroeter den ersten Phosphor(III)-Stickstoffheterocyclus aus der Reaktion von Anilin-hydrochlorid mit einem Überschuss an PCl 3 (Schema 1).[1] Interessanterweise nahmen die Autoren an, dass sie die monomere Spezies, C 6 H 5 ÀN=PÀCl, isoliert hatten, die sie "Phosphazobenzolchlorid" nannten. Sie spekulierten aber bereits über die Existenz des Dimers, von dem wir heute wissen, dass es die stabile Form darstellt. Viergliedrige Ringe des Typs [XP(m-NR)] 2 , die alternierend Phosphor(III) und Stickstoff enthalten, werden cyclo-1,3-Diphospha(III)-2,4-diazane genannt (X = Halogen, R = organischer Rest; alter Name: 1,3-Diaza-2,4-diphosphetidine).[2] Sie spielen eine bedeutende Rolle in der präparativen Phosphor-Stickstoff-Chemie, da sie gute Ausgangsstoffe für die Synthese von polycyclischen anorganischen und metallorganischen Verbindungen darstellen. [3, 4] Cyclo-1,3-Diphospha(III)-2,4-diazane (1) existieren als cis-oder trans-Isomere mit trigonal-pyramidal umgebenen Pund trigonal-planar umgebenen N-Atomen.[3] Sowohl die Nals auch die P-Atome haben ein lokalisiertes freies Elektronenpaar, womit sich formal acht Elektronen für diese elektronenreichen Heterocyclen ergeben (Schema 2). Unseres Wissens sind viergliedrige P 2 N 2 -Ringe mit 6 p-Elektronen unbekannt. Wie in Schema 2 dargestellt, gibt es drei Kandidaten (2, 3 und 4), die eine elektronische Struktur ähnlich der aromatischer Kohlenwasserstoffe mit [4 n + 2] p-Elektronen besitzen.[ . Des Weiteren sollte der Einfluss des sperrigen Rests auf den Reduktionsprozess untersucht werden. Daher wurden sowohl der Terphenyl-(kurz Ter = 2,6-Mes 2 C 6 H 3 , Mes = 2,4,6-Me 3 C 6 H 2 ) [7] als auch der Hypersilyl-Rest (kurz Hyp = Si(Me 3 Si) 3 ) [8] zur kinetischen Stabilisierung eingesetzt.Unserem Interesse an Heterocyclen mit Elementen der 15. Gruppe [9] folgend, beschreiben wie hier die Synthese und vollständige Charakterisierung eines formal aromatischen P 2 N 2 -Heterocyclus des Typs [P(m-NR)] 2 (R = Hyp, Ter) mit einer ungewçhnlichen diradikaloiden Bindungssituation.Diradikale sind Moleküle mit zwei ungepaarten Elektronen (in zwei (fast) entarteten nichtbindenden Molekülorbi-talen), die nahezu unabhängig voneinander agieren.[10] Spezies, in denen zwei Radikalzentren miteinander wechselwirken, werden oft als Diradikaloide bezeichnet. [11,12] Während radikalische Intermediate organischer Reaktionen in der Regel kurzlebig sind, konnten in den letzten zwanzig Jahren viele Diradikaloide der schweren Hauptgruppenelemente isoliert werden, die formal als Zwischenprodukte des s-Bindungsbildungsprozesses aufgefasst werden kçnnen.[12] Niecke et al. haben Pionierarbeit auf diesem Gebiet geleistet: Sie untersuchten [ClC(m-PMes*)] 2[13] und verschiedener Derivate, die als isolobale Analoga des intensiv untersuchten S 2 N 2 angesehen werden.[14] Zusätzlich zu diesen Kohlenstoff-baSchema 2. Viergliedrige Heterocyclen mit alternierenden N-und P IIIAtomen, die über 6 p-Elektronen verfügen, ausgehend von cyclo-1,3-Diphospha(III)-2,4-diazanen. Schema...