ZusammenfassungObwohl von der Migrations- und Stadtforschung weitgehend übersehen, sind auch bürgerlich geprägte, prosperierende Stadtteile vermehrt mit migrationsbezogener Diversität und damit zusammenhängenden Konflikten konfrontiert. Dieser Beitrag untersucht verschiedene Facetten des alltäglichen Zusammenlebens in einem hochdiversen bürgerlichen Stadtteil mit großem muslimischem Bevölkerungsanteil. Auf der Grundlage fünfjähriger Feldforschung im ehemaligen Bonner Diplomatenstadtteil Bad Godesberg untersucht diese Studie die komplexe Gemengelage verschiedener Gruppen von „Etablierten“ und „Außenseitern“, die im Zuge mehrerer Transformations- und Migrationsschübe entstanden ist. Dazu schließt der Beitrag an zwei Forschungslinien an, die sich verschiedenen Facetten des „Making und Un-Making of Boundaries“ in hochdiversen urbanen Quartieren widmen: die rekonstruktive Diversitätsforschung und Norbert Elias’ relationale Theorie der Gruppenbeziehungen. Er zeigt, (1) wie sich das Zusammenleben durch den lokalen Strukturwandel (z. B. durch den Funktions- und Bedeutungsverlust von Stadt und Stadtbezirk und durch die zunehmende Etablierung der bildungsaffinen „arabischen Community“) verändert, (2) wie (in welchen Situationen und Konstellationen, entlang welcher Differenzkategorien etc.) dies verschiedene Godesbergerinnen und Godesberger wahrnehmen und erzählen, und (3) welche Orte zu Räumen der Begegnung oder des Konflikts werden. Die Analysen bieten Einblicke in lebensweltliche Konflikt‑, Grenzziehungs- und Aushandlungspraktiken und legen nahe, Polarisierung und Diversifizierung als tagesrhythmisches Nach- und sozialräumliches Nebeneinander zu begreifen.