Zusammenfassung
Ziel Die Post-COVID-Sprechstunde (PCS) wird im Rahmen eines umfassenden
Behandlungsangebotes der gesetzlichen Unfallversicherung für
Post-COVID-Patient*innen durchgeführt, um individuelle Empfehlungen für die
weitere Versorgung festzulegen. Ziel der Untersuchung war die Erfassung der
Hauptsymptome sowie die damit verbundenen Einschränkungen der sozialen und
beruflichen Teilhabe, um Konsequenzen für die ambulante Rehabilitation
abzuleiten.
Methodik Neben einer ärztlichen Untersuchung sowie einem psychologischen
Konsil wurden zahlreiche Assessments zur Evaluation des biopsychosozialen
Gesundheitszustands durchgeführt. 373 weibliche (82,2%) und 81 männliche
Patient*innen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren aus den Berufen der
Gesundheits- und Pflegedienste, der Erziehung und Pädagogik nahmen seit April
2021 an der PCS teil.
Ergebnisse Nahezu alle untersuchten Patient*innen (98,2%) gaben Fatigue
als Kardinalsymptom ihrer Post-COVID-Beschwerden an, in über 73% der Fälle in
Kombination mit subjektiv erlebten Einschränkungen der Hirnleistungsfähigkeit.
Die Dauer der Symptomatik persistierte dabei sowohl bei den weiblichen als auch
männlichen Versicherten durchschnittlich seit 14–15 Monaten. Somit sind über 85%
der Gesamtstichprobe als Fälle chronischer Erschöpfung (Fatigue Skala)
einzustufen. Die Schwere der Fatigue beeinflusst zudem proportional die
Lebensqualität (SF-36), Gefühle von Angst und Depression (HADS), die psychische
Widerstandskraft (RS-13) sowie motorische Parameter wie die maximale Greifkraft
und die Ausdauerleistungsfähigkeit. 54,3% der Versicherten erhielten zudem eine
psychische Verdachtsdiagnose und 38,1% die Empfehlung zu einer weiterführenden
neuropsychologischen Diagnostik.
Schlussfolgerung Zur weiteren Behandlung des Leitsymptoms der chronischen
Fatigue ist eine multimodale und interdisziplinäre ambulante Rehabilitation zu
empfehlen, die sich an der Behandlung der Diagnose des Chronischen
Fatiguesyndroms (ME/CFS) und somit insbesondere an einem psychoedukativen und
weniger an einem kurativen Therapieansatz orientieren und Nachsorgestrategien
berücksichtigen sollte. Gesicherte psychische Störungen und neuropsychologische
Defizite sind begleitend zu behandeln.