Zusammenfassung
Hintergrund Die manualmedizinische (MM) Diagnostik stellt die Grundlage
für die Auswahl der korrekten Behandlung dar. Für Patienten im
Erwachsenenalter zeigt sich für die schmerzdetektierenden Testverfahren
eine klinisch gute Reproduzierbarkeit. Jedoch fehlen bisher Untersuchungen zur
Reliabilität im Säuglingsalter. Ziel dieser Studie ist daher die
Überprüfung manueller Testverfahren bei Säuglingen.
Zusätzlich wird die Prävalenz von kindlichen
Blockierungsbefunden, insbesondere der Halswirbelsäule (HWS),
evaluiert.
Material und Methoden Es wurde zu drei Zeitpunkten das Bewegungssystem von
primär gesunden Säuglingen im Rahmen der üblichen
Vorsorgeuntersuchungen (U3-U5) in einer Kinderarztpraxis manuell untersucht. Die
Reihenfolge der Befundung durch 2 Untersucher wurde randomisiert
durchgeführt, aber immer am selben Tag. Das Protokoll enthält
etablierte und standardisierte manuelle Techniken, orientierend und gezielt, zur
Diagnose von Funktionsstörungen des Bewegungssystems.
Ergebnisse Die Interraterreliabilität der manuellen
Untersuchungsbefunde von 116 Kindern zum Zeitpunkt der U3 wurde berechnet. Es
zeigten sich ausreichend reliable Testergebnisse für die
Inspektionsuntersuchungen der Kopfhaltung (κ=0,6), der
Rumpfsymmetrie (κ=1) und der Schädelasymmetrie
(κ=0,54). Klinisch noch akzeptabel sind hinsichtlich der
Untersuchung der HWS die globale Rotation (κ=0,48) und das
Endgefühl (κ=0,46). Die gezielten Untersuchungen der
oberen HWS zeigten Kappawerte zwischen 0,25 und 0,36 (als klinisch reliabel
festgelegte Grenze: κ=0,4). Bei Zusammenfassung der
Einzeltestungen (C0/1, C1/2) in die Region
„Kopfgelenke", konnte ein κ-Wert von 0,5 erreicht und
als globales Werturteil genutzt werden. Für die
Übersichtsuntersuchung des Beckens, die gezielten Untersuchungen des
Sakroiliakalgelenks und der Hüftgelenke fanden sich nur schlecht
reproduzierbare Ergebnisse (κ<0,2). Eine komplette
Verlaufsuntersuchung war für 83 Kinder möglich. Hier zeigte sich
ein deutlicher Trend der Abnahme befundeter Funktionsstörungen der HWS.
Die Schädelasymmetrien zeigten im Verlauf keine Veränderungen
und wiesen zur U3 eine Prävalenz von 21,5% auf.
Schlussfolgerung Die Reproduzierbarkeit zu MM-Untersuchungen der
Inspektion von Kopfhaltung, Rumpf- und Schädelsymmetrie sind klinisch
ausreichend genau. Das trifft auch für die zervikalen orientierenden
Untersuchungen zu. Jedoch erst die zusammenfassende Wertung von Inspektion,
orientierenden und gezielten Untersuchungen im Säuglingsalter erbringt
eine klinische Sicherheit in der Beurteilung von Blockierungsbefunden der
HWS.