Obwohl stabile Edelgasverbindungen mindestens seit 1902 vorausgesagt worden waren, lieûen erfolglose Syntheseversuche die weit verbreitete Ansicht entstehen, dass sich Edelgase chemisch nicht nur edel, sondern völlig inert verhalten. [1] Diese Einschätzung wurde dogmaartig in fast allen Lehrbüchern vertreten und entmutigte über eine lange Zeit Forscher auf diesem Gebiet zu arbeiten. Dies änderte sich erst 1962, als Bartlett in Kanada [2] die erste stabile Edelgasverbindung, XePtF 6 , entdeckte. Diese Endeckung löste weltweit eine Lawine der Begeisterung los ± sehr bald wurden viele neue Xe-, Rn-sowie Kr-Verbindungen hergestellt und charakterisiert. Rund dreiûig Jahre später, nachdem viele Arbeiten zu Edelgasen erschienen waren, gab es kaum noch neue Resultate, und für die meisten Chemiker galt die Edelgaschemie als abgeschlossenes Kapitel. Dass sie aber nach wie vor voller Überraschungen steckt, zeigte jüngst eine Welle Aufsehen erregender Ergebnisse, die möglicherweise eine Renaissance dieses Forschungsgebiets einläutet.Die gegenwärtigen Entwicklungen lassen sich in vier Kategorien einteilen, die in den folgenden Abschnitten dargestellt werden, wobei exemplarisch kürzlich publizierte oder derzeit laufende Forschungsaktivitäten vorgestellt werden: 1) Aufbau von entweder neuartigen Xe II -Heteroatom-oder bekannten Xe-Heteroatom-Verknüpfungen unter Beteiligung höherer Oxidationsstufen des Xenons 2) Eignung des XeF 2 als Ligand für zahlreiche nackte Metallionen 3) Eignung des Xenons als Komplexligand 4) Beobachtung der ersten Ar-Verbindung im Grundzustand mit kovalenten Ar-Heteroatom-Bindungen