ZusammenfassungDie Digitalisierung der Wirtschaft sorgt für eine Dynamisierung der politischen Ökonomie. Neue und etablierte Akteur:innen konkurrieren um die Kontrolle digitalisierter Wertschöpfungsketten. Der vorliegende Beitrag unternimmt eine erste Strukturanalyse der Eliten dieses Feldes in Deutschland. Für die Untersuchung werden Lebensläufe und Netzwerke von 254 Personen analysiert, die Schlüsselpositionen im Kontext der Digitalisierung der deutschen Wirtschaft einnehmen. Es wird geprüft, inwiefern die Koordinations- und Personalstruktur des Feldes von Logiken der Transnationalisierung und Finanzialisierung geprägt ist, die für die digitale Ökonomie leitend sind. An einigen Stellen lässt sich eine Anpassung von Reproduktionsstrategien an die veränderten Spielregeln der Digitalisierung beobachten: so bei der zunehmenden Verbreitung kurzer Auslandsaufenthalte oder beim Bedeutungsgewinn finanzialisierter Managementkompetenz in der New Economy. Die Grundpfeiler der deutschen Elitenreproduktion bleiben jedoch unangetastet. Im Gegensatz zu soziologischen Erwägungen, die schon im Kontext der Globalisierung einen Bedeutungsverlust nationaler Eliten erwarteten, zeigt sich: Erstens besteht in Deutschlands digitalisierter Wirtschaft ein nationales industrielles Netzwerk von Spitzenmanager:innen fort, welches über Aufsichtsräte sowie Konsultations- und Verbandsgremien integriert ist. Zweitens konnten kaum Ausländer:innen in die digitale Elite aufrücken und finden prägende Karriereschritte überwiegend im Inland statt. Drittens dominieren weiterhin charakteristische Merkmale der deutschen Elitenformation – wie Hauskarrieren, das Studium an deutschsprachigen Massenuniversitäten oder die Möglichkeit von Karrieren, die auf technischer Kompetenz beruhen. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass die angestammten Eliten der deutschen Wirtschaft durch eine inkrementelle Anpassung ihrer Reproduktionsstrategien ihre Positionen auch im digitalen Kapitalismus behalten.