Zusammenfassung
Ob Hong Kong, Arab Spring 2.0, die Proteste in Südamerika oder im Iran, 2019 war ein Jahr globaler Protestbewegungen die insbesondere öffentliche Räume einnahmen. Manche dieser Protestbewegungen konnten schon 2019 Erfolge erzielen oder sich bereits konsolidieren; die meisten jedoch verließen sich darauf, 2020 weiter Druck aufzubauen auf Regierungen. Mit der globalen Pandemie wurde dies fast schlagartig unmöglich gemacht: Kollektive Entscheidungsgewalt, weiterhin eine Domäne der Regierungen, wurde zum entscheidenden Faktor bei der Krisenbekämpfung, auf die partikulär agierende Protestbewegungen keine unmittelbare Antwort hatten. Gleichzeitig fiel der öffentliche Raum als entscheidende Arena für die Austragung dieser Konflikte unter den Beschränkungen der Pandemie-Bekämpfung aus. Protestierende wurden damit aus dem Zentrum des öffentlichen Raumes in die Peripherie gedrängt, wo sie mittels dezentraler Techniken versuchen, Mobilisierungen aufrecht zu erhalten, und in der Pandemiebekämpfung mit staatlichen Institutionen konkurrierten. Während dies den Spielraum von Protestbewegungen einschränkt, erlaubt das Herausbilden neuer Konfliktarenen es ihnen, sich für künftige Protestbewegungen bereit zu halten und staatliche Akteure herauszufordern. Dieses Zeitfenster können Regierende nutzen, um aus effizienter Pandemiebekämpfung Kapital zu schlagen und aus der Interaktion von Institutionen mit AktivistInnen Kooperationen zu erzeugen; ohne aber die zugrundeliegenden Probleme zu lösen, vertagen sich die Protestbewegungen lediglich auf eine Zeit nach der Pandemie.