ZusammenfassungDer Beitrag befasst sich mit dem Zusammenhang von Fortpflanzung, Zeit und gutem Leben. Angebote der Reproduktionsmedizin und Konzeptionen des guten Lebens in der Zeit beeinflussen einander wechselseitig, wobei diese Wechselwirkung durch implizite oder explizite normative Setzungen und Erwartungen von angemessener Zeitlichkeit gekennzeichnet ist. Wir erörtern zunächst die Bedeutung von Zeit für Lebenslauf und Elternschaft aus einer soziologisch-sozialpsychologischen Perspektive. Fortpflanzungsmedizin kann die Spielräume für Elternwerden und für lebenszeitliche Autonomie vergrößern, aber im Kontext gesellschaftlicher Optimierungs- und Effizienzimperative auch gegenteilige Auswirkungen haben und Heteronomie verstärken. Insgesamt ergeben sich daraus veränderte Formen von Anpassung und Selbstbestimmung, neue Dilemmata und Ambivalenzen der zeitlichen Optimierung von Elternschaft. Vor diesem Hintergrund erläutern wir, wie die Ethik der Fortpflanzungsmedizin von einer interdisziplinären, das Leben in seinem zeitlichen Verlauf in den Blick nehmenden Forschung profitieren könnte.