Obwohl sich sehr viele theoretische Arbeiten mit der Ursache der Dendritenbildung an reinen Lithium‐Elektroden befasst haben, wurde bisher ein entscheidender Faktor übersehen: Bei der Abscheidung von Lithium ist die Elektrode stark negativ geladen, und diese Ladung ist nicht gleichmäßig über die Oberfläche verteilt. Explizite Modellrechnungen zeigen, dass sich die Überschussladung auf der Spitze kleiner Unebenheiten, die durch Fluktuationen entstehen, konzentriert. Sie erzeugt dort ein starkes elektrisches Feld, welches Lithium‐Ionen anzieht, die Spitze weiter wachsen lässt und schließlich zur Bildung von Dendriten führt. Selbst eine kleine Spitze, die nur aus wenigen Atomen besteht, trägt eine Überschussladung von der Größenordnung eines Zehntels der Elektronenladung oder mehr. Zudem erniedrigt eine negative Ladung lokal die Oberflächenspannung, was die Dendritenbildung zusätzlich begünstigt. Derselbe Mechanismus kann auch die Dendritenbildung an anderen Metallen erklären, deren Abscheidungspotential tiefer liegt als der Ladungsnullpunkt.