Im Jahr 1815 wurde in einem der vielen Anhänge zum Schlussdokument des Wiener Kongresses die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt gegründet. Ihre Mitglieder waren die Anrainerstaaten des Flusses und ihre Verwaltung bestand aus internationalem Personal. In Anbetracht anderer Errungenschaften des Kongresses schien die Schaffung dieser technischen, regional begrenzten Organisation von geringer Bedeutung zu sein. Und doch markierte sie den Beginn eines neuen Phänomens, das die Art und Weise, wie Weltpolitik betrieben wird, nachhaltig geprägt hat. Sie stellte die Schaffung einer der ersten modernen Internationalen (zwischenstaatlichen) Organisation (IO) dar, in der Nationalstaaten Autorität an eine ständige internationale Verwaltung delegierten. Seit 1815 und insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg haben Internationale Organisationen ihre Autorität deutlich vertieft (Zürn et al., 2012; Hooghe et al., 2017) und ihre Anzahl ist stark gestiegen. In der Tat sind heute hunderte von Internationalen Organisationen, darunter auch die Rheinkommission, in praktisch allen Bereichen der öffentlichen Politik und unseres Lebens aktiv. Ihre Verwaltungen, die sich aus im Allgemeinen wohl neutralen, multikulturellen, gut ausgebildeten Fachleuten zusammensetzen, haben ihre Ressourcen erweitert (Vaubel et al., 2007) und sich als einflussreiche Akteure in der globalen Weltpolitik etabliert (Eckhard und Ege, 2016). Während dies wie eine Erfolgsgeschichte für internationale Bürokratien klingen mag, zeichnet die dominierende Perspektive in der IO-Literatur ein anderes Bild. Spätestens seit dem bahnbrechenden Buch "Delegation and Agency in International Organizations" (Hawkins et al., 2006b) haben sich die Principal-Agent (P-A) Theorie und die Rational-Choice-Perspektive als dominantes Paradigma herauskristallisiert, welches die Basis der Forschung über internationale Delegation bildet (siehe Reinalda, 2013: 17; Tamm und Snidal, 2014). Wissenschaftler in dieser Tradition haben argumentiert, dass die Beziehungen zwischen Mitgliedsstaaten und internationalen Verwaltungen auf Zielkonflikten und Informationsasymmetrien beruhen, so dass die Frage der Kontrolle von zentraler Bedeutung war. Es wird angenommen, dass Agenten (internationale Verwaltungen), wenn sie die Möglichkeit haben, ihren Nutzen auf Kosten ihrer Auftraggeber (Mitgliedsstaaten) maximieren. Daher wurden Agenten im Allgemeinen als opportunistische Akteure betrachtet, die von egoistischem Eigeninteresse angetrieben sind