Mit einigen Antikörper‐Wirkstoff‐Konjugaten (ADCs), die für den klinischen Einsatz als zielgerichtete Krebstherapien zugelassenen sind, und zahlreichen Kandidaten in klinischen Studien, entwickelt sich das Gebiet der ADCs zu einem hochaktuellen biomedizinischen Forschungsfeld, insbesondere im Bereich der Krebsbehandlung. Chemiker, Biologen und Mediziner kombinieren ihre Expertisen, um Design, Synthese, Wirksamkeit und Präzision zu verbessern, während sie danach streben, dieses Grundprinzip der personalisierten und zielgerichteten Medizin voranzutreiben, um Krebspatienten effektiver zu behandeln und ihren Anwendungsbereich auf andere Indikationen auszudehnen. So wie Alexander Flemings Penicillin und die unzähligen anderen bioaktiven Naturstoffe, die auf dessen Entdeckung und seinen Erfolg in der Klinik folgten, nach dem Zweiten Weltkrieg eine Revolution in der Medizin auslösten, so haben Calicheamicin γ1I und andere hochwirksame, natürlich vorkommende Antitumorverbindungen ebenso eine zentrale Rolle gespielt, wenn es darum geht, die Einführung dieses neuen Konzepts der medizinischen Intervention “biologisch‐niedermolekularer Hybride” zu ermöglichen. Heute gibt es vier klinisch zugelassene Medikamente des ADC‐Konzepts: Mylotarg, Adcetris, Kadcyla und Besponsa, von denen das erst‐ sowie das letztgenannte den gleichen von Calicheamicin γ1I abgeleiteten Wirkstoff tragen. Dieser Aufsatz deckt onkologische Anwendungen ab und konzentriert sich nach einer kurzen Geschichte der Entstehung des Bereichs der ADCs, welcher vor mehr als einem Jahrhundert durch Paul Ehrlichs Konzept der Zauberkugel begründet wurde, in erster Linie auf die Aspekte der chemischen Synthese des multidisziplinären Forschungsunternehmens der ADCs.