Aromatische Seitenketten sind wichtige Indikatoren für die Plastizität von Proteinen und bilden oft entscheidende Kontakte bei Protein-Protein-Wechselwirkungen. Wir untersuchten aromatische Reste in den beiden strukturell homologen cross-β Amyloidfibrillen HET-s und HELLF mit Hilfe eines spezifischen Ansatzes zur Isotopenmarkierung und Festkörper NMR mit Drehung am magischen Winkel. Das dynamische Verhalten der aromatischen Reste Phe und Tyr deutet darauf hin, dass der hydrophobe Amyloidkern starr ist und keine Anzeichen von "atmenden Bewegungen" auf einer Zeitskala von Hunderten von Millisekunden zeigt. Aromatische Reste, die exponiert an der Fibrillenoberfläche sitzen, haben zwar eine starre Ringachse, weisen aber Ringflips auf verschiedenen Zeitskalen von Nanosekunden bis Mikrosekunden auf. Unser Ansatz bietet einen direkten Einblick in die Bewegungen des hydrophoben Kerns und ermöglicht eine bessere Bewertung der Konformationsheterogenität, die aus einem NMR-Strukturensemble einer solchen Cross-β-Amyloidstruktur hervorgeht.
EinleitungAromatische Seitenketten spielen eine wichtige Rolle für die Stabilität und Funktion von Proteinen: Sie befinden sich häufig in aktiven Zentren oder Eintrittsstellen von Enzymen oder Membrankanälen [1] und sind überrepräsentiert an Protein-Protein-Schnittstellen, [2] so dass aromatische Gruppen direkt an Bindungen oder enzymatischen Umsätzen beteiligt sind. Darüber hinaus stabilisieren sie Proteinstrukturen, indem sie π-π, [3,4] CH-π, [5,6] oder Kation-π [7] -Wechselwirkungen bilden und die Selbstorganisation von Amyloidprotei-nen fördern. [8] Durch die sperrige Natur von Phenylalaninen (Phe), Tyrosinen (Tyr) und Tryptophanen (Trp) hat ihre Dynamik einen interessanten Aspekt: Ringflips um 180°, die zur Umwandlung ununterscheidbarer Zustände (für Phe und Tyr) führen, sind mit erheblichen Energiebarrieren verbunden. Ringflips wurden bereits in den 1970er Jahren durch Kernspinresonanz (NMR; engl.: nuclear magnetic resonance) in Lösung beobachtet. [9][10][11] Man geht davon aus, dass sie "atmende Bewegungen" erfordern, d. h. vorübergehende konformationell angeregte Zustände des Proteins, die das Hohlvolumen zum Drehen des Ringes schaffen. Die