Zusammenfassung
Ziel der Studie Kontextfaktoren sind ein zentrales Element der ICF und
relevant für die Anamnese und Therapieplanung in der psychosomatischen
Rehabilitation. Gleichzeitig ist wenig über die Zusammenhänge
von Kontextfaktoren mit der patient*innenseitigen Selbstregulation,
einem wichtigen Ziel der Rehabilitation, bekannt.Ziel dieser Studie ist es
daher, im Kontext eines gesundheitspsychologischen Theoriemodells den
Zusammenhang von Kontextfaktoren und dem subjektiven Krankheitskonzept als einem
wichtigen Kernelement patient*innenseitiger Selbstregulation in der
psychosomatischen Rehabilitation explorativ zu beschreiben.
Methodik Zwischen April 2019 und Januar 2020 wurde in einer
psychosomatischen Rehabilitationsklinik eine querschnittliche Fragebogenstudie
durchgeführt, bei der angemeldete Rehabilitand*innen mittels des
Illness Perception Questionnaire (IPQ-R) hinsichtlich ihres subjektiven
Krankheitskonzepts befragt wurden. Erhobene Kontextfaktoren wurden
literaturbasiert in klinisch modifizierbar und nicht klinisch modifizierbar
unterteilt und umfassten das Geschlecht, das Alter, die Erkrankungsdauer, den
subjektiven sozialen Status, die Hauptdiagnose (dichotomisiert: F3/F4),
die berufliche Belastung, die depressive Belastung sowie Aktivität und
Partizipation (operationalisiert durch den Health-49). Zur Analyse wurden
multiple Regressionen herangezogen, bei der die Skalen des IPQ-R als
abhängige Variable dienten.
Ergebnisse N=264 Rehabilitand*innen nahmen an der
Befragung teil, 50% davon waren weiblich. Das Durchschnittsalter lag bei
50 Jahren. Bezüglich der nicht klinisch modifizierbaren Kontextfaktoren
zeigte sich, dass ein jüngeres Alter mit höheren
Kontrollannahmen einherging, jüngere Rehabilitand*innen aber
gleichzeitig mehr Symptome aufgrund ihrer Erkrankung wahrnahmen. Eine
längere Erkrankungsdauer zeigte einen Zusammenhang mit Annahmen zum
chronischen Zeitverlauf der Erkrankung. Ein geringer sozialer Status wies
Zusammenhänge mit geringeren Kontrollannahmen und mehr Annahmen zum
zyklischen Zeitverlauf auf. Bezüglich klinisch modifizierbarer
Kontextfaktoren zeigte sich, dass eine F3 Diagnose mit stärkeren
Konsequenzerwartungen einherging, aber auch mit einer höheren
wahrgenommenen persönlichen Kontrollierbarkeit als eine F4 Diagnose.
Eine höhere berufliche Belastung war mit der Annahme eines eher
chronischen Krankheitsverlaufs assoziiert. Eine eingeschränkte
Aktivität und Partizipation ging mit höheren
Konsequenzerwartungen sowie mehr wahrgenommenen Symptomen einher. Die depressive
Belastung zeigte Zusammenhänge mit sechs von acht Domänen des
subjektiven Krankheitskonzepts.
Schlussfolgerung Die Studie legt die Relevanz von Kontextfaktoren
für die patient*innenseitige Selbstregulation in der
psychosomatischen Rehabilitation nahe. Interventionen zur Steigerung der
Selbstregulation z. B. unter Berücksichtigung des subjektiven
Krankheitskonzepts haben bereits vielversprechende Ergebnisse erzielt, auch im
Kontext der Rehabilitation. Durch einen stärkeren Einbezug von
Kontextfaktoren könnte der patient*innenorientierte Ansatz
dieser Interventionen noch verstärkt werden.