Zusammenfassung
Im Rahmen vergleichender Untersuchungen zum Keratinabbau durch Dermatophyten wird über Wachstum, Stoffwechsel, physiologische Prinzipien und Intensität der Keratinolyse, die Ausscheidung von Enzymen und das Verhalten in der autolytischen Phase unter Verwendung von trypsiniertem Nagelkeratinstaub, Stratum‐corneum‐Partikeln und Glutamat als C‐N‐Quellen berichtet.
Schonende Trypsinierung (0,01 % Trypsin; 0,043 M Phosphatpuffer; pH 8,0) führt bei Nagelkeratinstaub, der eine große relative Oberfläche besitzt, innerhalb von 5 Tagen bei 23° C zu Gewichtsverlusten von 23 bis 35 %. Von Stratum‐corneum‐Partikeln werden unter gleichen Bedingungen bei geringer relativer Oberfläche 84 % zu löslichen Oligo‐ und Monomeren abgebaut.
Dermatophyten (Trichophyton mentagrophytes, Tr. rubrum) können trypsinierten Nagelkeratinstaub als vollwertige C‐N‐Quelle nutzen und erzielen dabel einen Keratinabbau von 80 bis 90 %. Die Geschwindigkeit der Keratinolyse; nicht aber ihr endlich erreichtes Ausmaß, werden durch den Trypsinierungsgrad negativ, durch die relative Oberfläche der Keratinpartikel positiv beeinflußt.
Ein wichtiges physiologisches Prinzip der mikrobiellen Keratinolyse ist neben dem poteniellen Sulfitmechanismus die aktive Alkalisierung des Substrates (Terrains). Sie erfolgt seitens der Pilze durch Ammoniaksekretion nach intracellulärer oxydativer Desaminierung und durch Ammoniakfreisetzung mittels extracellulärer Säureamidspaltung (Asparaginase).
Stratum‐corneum‐Partikel, die nach den Ergebnissen der Trypsinierungsversuche reichlich Nichtkeratinproteine und in geringeren Mengen Präkeratine bzw. trypsinlabile Keratine enthalten, werden als C‐N, Quelle von Tr. mentagrophytes in kurzer Zeit praktisch vollständig und zwar ebenso schnell wie, wenn nicht sogar schneller als, Glutamat umgesetzt. Stratum corneum ist demnach als “ideale” Nährstoffquelle für Dermatophyten zu bewerten.
Das “Keratinase‐Problem” wird eingehend diskutiert und dahingehend beantwortet. daß es unseres Erachtens keine streng keratinspezifischen Proteinasen bei Hautpilzen gibt, wohl aber im Komplex der keratinolytischen Prinzipien proteolytische Enzyme, die an die beim Keratinabbau vorliegenden komplizierten Bedingungen angepaßt sind, d. h. relativ hohe Sulfit‐, Sulfat‐, Ammoniaktiter und entsprechende pH‐Werte tolerieren.
Obwohl in der autolytischen Phase Verluste an Biomasse bis zu 40 % der Myzelhöchstgewichte eintreten, so bleiben doch — jedenfalls in vitro; und warum sollte es in vivo prinzipiell anders sein (?) — über lange Zeit (mit Glutamat mindestens 140 Tage) Thallussegmente vital und ektoenzymatisch aktiv. Diese Befähigung zum langdauernden Überleben wird als Merkmal mit positivem Selektionswert beurteilt.