Zusammenfassung
Einleitung Bei der Behandlung von Verletzungen der oberen Halswirbelsäule hat das semikonservative Verfahren des Halofixateurs heute eine untergeordnete Rolle. Ältere Studien aus den
2000er-Jahren zeigten unbefriedigende Durchbauungsraten sowie hohe Komplikationsraten. Jedoch resultiert aufgrund aktueller Daten zur Therapieeffektivität derzeit eine kontroverse
Literaturlage. Ziel der Arbeit ist es, eigene Erfahrungen und Ergebnisse der Behandlung der aktuellen Literatur gegenüberzustellen und einen klärenden Beitrag zur Rolle des Halofixateurs zu
leisten.
Material und Methoden In einer monozentrischen retrospektiven Kohortenstudie wurden Patienten mit instabilen Verletzungen der axialen Halswirbelsäule untersucht, die im Halofixateur
ausbehandelt werden sollten. Anhand der elektronischen Krankenakte wurden individuelle Variablen (Geschlecht, Alter, Nebenerkrankungen, Charlson Comorbidity Index) und Therapiekennwerte
(Dauer der Behandlung, Konsolidierungszustand, Komplikationen) erfasst. Die Verletzungen wurden aufgrund der CT-Daten zum Unfallzeitpunkt und zum Behandlungsende anhand gängiger
Klassifikationssysteme eingeteilt und hinsichtlich der Konsolidierungsrate beurteilt. Mögliche Einflussfaktoren auf die knöcherne Konsolidierung sowie Komplikationen wurden statistisch
analysiert.
Ergebnisse Insgesamt 54 Patienten/-innen entsprachen den Einschlusskriterien. Die Behandlungsdauer lag im Median bei 83 Tagen. Die häufigsten Verletzungen waren die isolierte
Atlasfraktur Typ III (7; 13%) und die isolierte Densfraktur Typ III (24; 44%). Eine knöcherne Konsolidierung konnte in 34 Fällen (63%) und eine straffe Pseudarthrose in 13 Fällen (24%)
nachgewiesen werden. In 6 Fällen (11%) wurde sekundär eine operative Stabilisierung durchgeführt. Isolierte Atlasfrakturen Typ III und Densfrakturen Typ III wiesen mit 86% bzw. 92% sehr hohe
Konsolidierungsraten auf. In den Subgruppen von Patienten/-innen über 65 Jahren bzw. mit einem CCI ≥ 4 fanden sich häufiger instabile Pseudarthrosen. Als Komplikationen traten
Pin-Infektionen (6%), Pin-Dislokationen (9%) und Druckulzerationen durch die Haloweste (6%) auf. Kardiopulmonale Komplikationen traten nicht auf. Kein Patient verstarb.
Diskussion Es zeigten sich für Atlasfrakturen Typ III sowie Densfrakturen Typ III gute Raten für die knöcherne Konsolidierung, die mit den Angaben in der Literatur korrelieren.
Densfrakturen Typ II (isoliert und kombiniert) und Atlasfrakturen Typ III in Kombination mit Densfrakturen zeigten ein schlechteres radiologisches Outcome, das auch im Vergleich zur
Literatur unbefriedigend ist. Die Raten für verfahrensspezifische Komplikationen waren relativ niedrig. Insbesondere Arbeiten aus den letzten Jahren konnten sehr gute Raten für die knöcherne
Konsolidierung und niedrige Komplikationsraten für die Behandlung von Atlas- und /oder Densfrakturen mit dem Halofixateur nachweisen, die durch unsere Ergebnisse bestätigt werden. Im
Kontrast dazu wird allerdings über eine deutlich höhere kardiale/respiratorische Komplikationsrate berichtet, als sie im eigenen Patientenkollektiv auftrat.