»Jeder hätte sie gern, viele kämpfen darum, manche scheinen sie zu ›haben‹aber bisher ist weitestgehend ungeklärt, was das ist« (2014: V). Mit diesem Satz umreißt Philipp Stoellger zu Beginn seines Vorwortes zur Deutungsmachtanalyse den Horizont eines Konzeptes, welches mit seiner Komposition auf den ersten Blick eingängig, gar intuitiv plausibel erscheint, auf den zweiten Blick aber ebenso schnell (er-)klärungsbedürftig wird. Dass die Verbindung zwischen Macht, als zentralem Begriff der Sozial-und Politikwissenschaften, und Deutung, einem hermeneutischen Prozess des Konstruierens, Erkennens und Verstehens von (Be-)Deutungen und Sinnzusammenhängen innerhalb der politischen Lebenswelt, jedoch eine enorme Anziehungskraft auf die politischen Akteurinnen und Akteure ausübt, zeigt sich nicht nur in der gegenwärtigen politischen Diskussion rund um Fake-News, alternative Fakten und dem Postfaktischen. Die soziale Konstruktion der politischen Wirklichkeit ist immer nur in Deutungen gegeben und findet als alltagschöpferischer Prozess weder im luftleeren, noch im machtfreien Raum statt. Die Art und Weise wie Deutungen entstehen variieren allerdings enorm. Ebenso wie die Faktoren, die darüber Aufschluss geben, warum bestimmte Deutungen akzeptiert und unhinterfragt gültig bleiben, während andere von vorne herein abgelehnt oder im Laufe der Zeit fragil werden. Nähert man sich diesen Fragen von Seiten der politischen Kulturforschung aus an, werden unmittelbare Assoziationen zu Karl Rohe geweckt, welcher mit dem Wechselspiel zwischen deutungskulturellen Angeboten und deren soziokultureller Verankerung die Handlungs-und Prozessaspekte politischer Kultur in den Fokus gerückt hat: »[…] wer in einer politischen Gesellschaft für wen auf welche Weise was für politische Deutungsangebote macht und machen kann, oder noch grundlegender: ob überhaupt eine hinreichende symbolische Verdeutlichung der politischen Basiskonzepte und Basisregeln eines politischen Gemeinwesens erfolgt« (1987: 42, Hervorheb. im Original)