Einleitung müssen diese als sich wandelnd verstanden werden, d.h. im "Prozeß ihres jeweiligen Werdens und Gewordenseins" (S. XIX). Damit verweist Elias (2010) auf den Prozess der Veränderung an sich, zudem auf jenen, der sich bereits vollzogen hat, sowie den gegenwärtigen Prozess des Werdens. Zudem lässt sich die Bedeutung der Zukunft für das Individuum ebenso aus diesem Zitat lesen. Verbindet man die drei Perspektiven, muss das Subjekt, welches sich auf das Individuum bezieht, also als in kontinuierlichen Veränderungsprozessen begriffen werden, die auch eine zeitliche Dimension beinhalten.Anhand dieser ersten Konturierung des Subjektbegriffs werfe ich Fragen auf, die als Ausgangspunkt dieser Arbeit dienen. Wenn also Einzelne in ihrer Subjektwerdung nie immer diejenigen bleiben können, als die sie sich einmal vorgestellt haben oder als die sie angesprochen wurden und so ihr vergangenes Werden, also das Gewordensein, im Jetzt nicht aktuell bleiben kann, wer sind sie dann? Welche Bedeutung spielt unter dieser Annahme die Vergangenheit des Subjekts noch für die Gegenwart? Und welche Bedeutung hat die Zukunft für das Werden in der Gegenwart? Diese Frage untersuche ich empirisch während der ersten Tage und Wochen neuer fünfter Klassen weiterführender Schulen in Deutschland. Ich interessiere mich für die in den Schulen so bezeichnete 'Kennenlernphase' und frage danach, wie sie sich vollzieht, und zwar unter der Annahme, dass das Subjekt nicht als zeitlich stabile Einheit gedacht werden kann. Die vorliegende Studie ist in einem gemeinsamen ethnographischen Projekt zur Herstellung von Schulklassen entstanden, das zusammen mit Kerstin Rabenstein, Tilman Drope und Marco Hübner durchgeführt wurde. Explorativ beobachteten wir die ersten Tage und Wochen neuer fünfter Klassen an verschiedenen Schulformen. Während das Projekt die Frage nach der sozialen Konstruktion der Schulklasse verfolgt (vgl. Drope/Rabenstein 2021; Drope et al. 2022; Hübner 2022; vgl. auch Rabenstein et al. 2018 1 ), konzentriert sich meine Dissertation auf die Prozesse des Werdens und Gewordenseins einzelner Schüler:innen. 2 In der Feldforschung haben wir den ersten Schultag und die darauffolgenden acht Wochen teilnehmend beobachtet. Mich interessierten zunehmend Subjektpositionierungen einzelner Schüler:innen. So fielen mir besonders Praktiken des Markierens erwünschten und unerwünschten Verhaltens auf. Dabei interessierte mich vor allem, wie einzelne 1 Vgl. auch das Projekt "Die soziale Konstruktion der Klasse als Grundlage für die interaktionale Ordnung des Unterrichts" (Khan-Svik et al. 2018; Raggl 2018), das den Übergang zwischen Kindergärten und Volksschulen in Österreich fokussiert. 2 Auch wenn die Fokusse auf einerseits die Klasse als Ganzes sowie andererseits auf die zur Klasse gehörenden Schüler:innen als Einzelne die unterschiedlichen Erkenntnisinteressen leiten, lässt sich in der gewählten praxistheoretischen Perspektive eine Trennung der Forschungsgegenstände in Klasse und ihre Mitglieder nur dahingehend aufrechterhalten, wenn z.B. Subjektposi...