Von komplexen Naturstoffen zu synthetisch leicht zugänglichen Mimetika mithilfe von computergestütztem De‐novo‐Design

Abstract

Naturstoffe sind von grundlegender Bedeutung für die Untersuchung von biologischen Systemen und Prozessen. [1,2] Sie besitzen eine biologisch validierte Architektur und ermçglichen die Findung von neuen bioaktiven Substanzen innerhalb des wirkstoffartigen chemischen Raums.[3] Die breite Verwendung von pharmakologisch aktiven Naturstoffen in der Wirkstoffentwicklung ist jedoch aufgrund eingeschränk-ter Verfügbarkeit und die oft komplexen chemischen Strukturen der Naturstoffe,e inhergehend mit anspruchsvollen Totalsynthesen, begrenzt.[4] Hier stellen wir ein computerbasiertes De-novo-Designverfahren für den Entwurf von synthetisch zugänglichen isofunktionellen Naturstoffmimetika vor.D ie vom strukturell anspruchsvollen Naturstoff (À)-Englerin A, einem Sesquiterpen der Pflanze Phyllanthus engleri,a bgeleiteten synthetischen Verbindungen zeigten Bindungsaffinitäten im nanomolaren Konzentrationsbereich sowie hohe Ligandeneffizienz gegenüber dem TRPM8-Ionenkanal. Die molekulare Grundlage für die stark antiproliferative Aktivität von (À)-Englerin Aw urde kürzlich von Waldmann und Mitarbeitern aufgedeckt.[5] (À)-Englerin A tçtet selektiv Nierenkrebszellen (GI 50 = 1-87 nm)d urch Aktivierung der Kalziumkanäle TRP canonical 4/5 (TRPC4/5), musste jedoch aufgrund akuter Toxizität als Leitstruktur für die weitere Entwicklung ausgeschlossen werden.[6] Die erste Totalsynthese von (À)-Englerin Aw urde von Willot et al. durchgeführt [7] und vor kurzem auf 14 Stufen reduziert.[8] Der rationale Entwurf von Te rpenderivaten als Mimetika von (À)-Englerin Af ührte bisher nicht zu neuen chemischen Strukturen mit potenter Antikrebsaktivität. [9] Sogenannte "Scaffold-Trees" haben sich für die systematische Untersuchung von Naturstoff-basierten molekularen Grundgerüsten als nützlich erwiesen.[10] Aufbauend auf dieser Idee stellten wir die Hypothese auf,d ass es mit einem rein Liganden-basierten Computerverfahren mçglich sein kçnnte, komplexe Pharmakophormuster von Naturstoffen auf einfachere,s ynthetisch zugänglichere Moleküle zu übertragen.Wirv erwendeten die Software DOGS (Design of Genuine Structures), [11] um zunächst vollautomatisch virtuelle Mimetika von (À)-Englerin Azuentwerfen (Abbildung 1). Auf der Grundlage von 83 organisch-chemischen Reaktionen und 25 214 Grundbausteinen verfolgt der Algorithmus einen reaktionsbasierten Moleküldesignprozess,d er bereits im Rahmen von früheren De-novo-Designprojekten erfolgreich eingesetzt wurde und zu neuen chemischen Strukturen ("new chemical entities", NCEs) führte.[12] Der automatisierte Prozess lieferte 903 In-silico-Molekülstrukturen (Abbildung 2), welche anschließend anhand der ¾hnlichkeiten der topologischen Pharmakophoreigenschaften mit denen von (À)-Englerin Av erglichen wurden (CATS-Methode).[13] Dieser zusätzliche Überprüfungsschritt wurde durchgeführt, um die Chance zu erhçhen, isofunktionelle NCEs zu finden. Dazu wurden die beiden bereits genannten ¾hnlichkeitskriterien verwendet, die DOGS-Bewertungsfunktion [14] und die CATS¾hnlichkeit (siehe Hintergrundinformationen).[15] Die Mo...