Was bringt die ICD-11 im Bereich der trauma- und belastungsbezogenen Diagnosen?

Abstract

Im internationalen Raum ersetzte am 01.01.2022 das von der Weltgesundheitsorganisation WHO herausgegebene ICD-11-Diagnosesystem das bisherige ICD-10. Als eine der vielen Neuerungen wurde eine Kategorie für trauma- und belastungsbezogenen Diagnosen eingeführt, welche die klassische und komplexe posttraumatische Belastungsstörung, die anhaltende Trauerstörung sowie die Anpassungsstörung beinhaltet. Zusätzlich wurden die reaktive Bindungsstörung und die Bindungsstörung mit sozialer Enthemmung als Dia­gnosen des Kindesalters in diese Störungsgruppe aufgenommen. Im Vergleich zum ICD-10 konnte die klinische Nützlichkeit und Anwendbarkeit der neuen ICD-11-Dia­gnosen erhöht werden, indem bestehende Störungen auf der Symptomebene vereinfacht oder neue Störungen eingeführt wurden. Erste Studien zeigen aber auch Unterschiede in der Häufigkeit der Diagnosevergabe im Vergleich zu ICD-10 und DSM-5, was durch verbleibende Unschärfen von Dia­gnosesystemen und den theoretischen Neuerungen er­klärt werden kann. Die Einführung der ICD-11 bringt insge­samt eine Reihe von Impulsen mit sich und erleichtert die Arbeit von Fachpersonen in der klinischen Praxis und Forschung.

Stress‐associated symptoms and disorders: A transdiagnostic comparison

“…Exposure to stressful and traumatic life events is very common and often leads to the development of a stress‐associated disorder (Kilpatrick et al, 2013). In the newly introduced ICD‐11, the grouping of disorders specifically associated with stress (DSAS) includes posttraumatic stress disorder (PTSD), complex PTSD (CPTSD), prolonged grief disorder (PGD) and adjustment disorder (AjD; Maercker & Eberle, 2022; World Health Organization [WHO], 2022). With regard to the defining symptoms of these disorders, major changes to the previous ICD‐10 have been implemented.…”

Präokkupation als neues Symptom der Psychopathologie: Ein Überblick

“…Diese Störungsgruppe umfasst die PTBS, die Anpassungsstörung sowie die 2 neuen Diagnosen "komplexe PTBS (KPTBS)" und "anhaltende Trauerstörung". Darüber hinaus wurden die 2 Kindheitsphasendiagnosen "reaktive Bindungsstörung" und "Bindungsstörung mit sozialer Enthemmung" in die Gruppe der spezifisch belastungsbezogenen Störungen aufgenommen [2] [3]. Alle erwähnten Diagnosen entstehen durch belastende Lebensereignisse (auch "Stressoren" genannt) und sind durch Beeinträchtigungen in verschiedenen Lebensbereichen gekennzeichnet.…”

Psychosoziale Betreuung auf der Intensivstation

“…Diese Vielzahl an Stressoren führt im intensivmedizinischen Kontext zu akuten psychischen und physischen Belastungsreaktionen, die zunächst normale Reaktionen auf diese außergewöhnliche Belastung sind und nicht als psychische Erkrankung zu werten sind. Im ICD-11 wird dem Rechnung getragen, indem die akute Belastungsreaktion den "Gesundheitsbeeinflussenden Faktoren" zugeordnet wurde und als normale Reaktion auf einen Stressor gewertet wird, die sich wenige Tage nach dem auslösenden Ereignis zurückbildet [34,35].…”