ÜbersichtenErstmalig wurden in Deutschland 1924 von F. Kraus medizinische Leitlinien in die gesundheitspolitische Diskussion eingebracht und in den "Leitsätzen für eine sparsame und doch sachgemäße Behandlungsweise der Kranken durch Ärzte" vom Reichsgesundheitsrat festgeschrieben (22). Bereits damals wird der medizinisch fachliche wie auch ökonomische Aspekt von Leitlinien deutlich. Im Laufe der letzten Jahre wurden hunderte Leitlinien zu verschiedenen Schwerpunktthemen von der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (ABMF), aber auch von verschiedenen anderen Interessenskreisen wie Berufsverbänden, der Bundesärztekammer, Kliniken, Praxen oder Krankenhausträgern publiziert. Eine neue Dimension erhielt die Bedeutung medizinischer Leitlinien mit der Novellierung des SGB V, die seit dem 1. Januar 2000 für alle in der gesetzlichen Krankenversicherung tätigen Ärzte und Krankenhäuser eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung entsprechend Evidenz-basierter Leitlinien gesetzlich verpflichtend macht.
Definition und Zielsetzung von LeitlinienLeitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen über die angemessene ärztliche Vorgehensweise bei speziellen Erkrankungen. Sie stellen wissenschaftlich begründete und praxisorientierte Handlungsempfehlungen im Sinne von "Handlungs-und Entscheidungskorridoren" dar, von denen in begründeten Fällen abgewichen werden kann oder sogar muss (4, 27). Ihre Erstellung erfolgt im Konsens mehrerer Experten nach einer definierten, transparent gemachten Vorgehensweise mit regelmäßiger Überprüfung und ggf. Überarbeitung hinsichtlich der jeweiligen Aktualität (Tab.1).Leitlinien haben dabei das Ziel, die Qualität von Diagnostik und Therapie zu verbessern und sollen die effektive und rasche Umsetzung nützlicher medizinischer Fortschritte in die klinische Praxis unterstützen. Dies impliziert bereits, dass sie zu einer Vermeidung unnötiger und überholter medizinischer Maßnahmen und unnöti-ger Kosten sowie einer Verminderung unerwünschter nationaler bzw. internationaler Qualitätsschwankungen dienen sollen.Hiervon abzugrenzen sind dirigistische Richtlinien, die von einer rechtlich legitimierten Institution verfasst und veröffentlicht wurden und deren Nichtbeachtung zwangsläufig rechtliche Sanktionen nach sich zieht. kurzgefasst: Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen, die das Ziel haben, die Qualität von Diagnostik und Therapie zu verbessern und die effektive und rasche Umsetzung nützlicher medizinischer Fortschritte in die klinische Praxis zu unterstützen.
Umsetzung von Leitlinien in die Praxis -aktueller StandIn der ambulanten wie auch stationären Versorgung werden nationale und internationale Leitlinien nur verzögert umgesetzt. Dies zeigt sich bei vielen Erkrankungen. So wird beispielsweise in allen aktuellen Therapieleitlinien zur chronischen systolischen Herzinsuffizienz eine ACE-Hemmer-Medikation als "first line"-Behandlung beim symptomatischen Patienten, aber auch bereits bei asymptomatischer systolischer linksventr...