Im Beitrag werden kollektive Orientierungen aus Gruppendiskussionen mit der dokumentarischen Methode rekonstruiert und daraus abgeleitet, welche Positionen die Gruppen zum Umgang mit digitalen Medien beziehen. Die Gruppendiskussionen wurden wenige Monate nach dem durch die Corona-Pandemie bedingten Lockdown geführt, der eine bereits bestehende Erwartung – Schulen sollten digitale Medien im Unterricht einsetzen – deutlich verstärkt hat. Aus schulentwicklungstheoretischer Sicht wird gefragt, wie die Schulen mit dieser verstärkten Erwartung umgehen und wie sich die Gruppen diesbezüglich positionieren. Vor dem Hintergrund praxistheoretischer Annahmen lassen sich sowohl Veränderungs- als auch Stabilisierungstendenzen hinsichtlich des Einsatzes digitaler Medien ausmachen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass dabei keine linearen, sondern komplexe Dynamiken zwischen Orientierungen und Erwartungen entstehen, die den im öffentlichen Diskurs entstandenen Leitsatz ‹Krise als Chance› relativieren. Die Gruppendiskussionen – je eine aus sieben Schulen – wurden mithilfe der dokumentarischen Methode ausgewertet. Im Beitrag werden drei typische Positionierungen im Spektrum zwischen Ablehnung und Befürwortung digitaler Medien vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen, wie Schulen zwischen einem Festhalten an Bisherigem und einer Öffnung gegenüber Neuem oszillieren und ihre schulischen Praktiken jeweils aushandeln.