Schon immer hat man -in der analysierenden Rückschau -gesehen, daß das Jahr 284 einen bedeutsamen Einschnitt in der römischen Geschichte markierte: Mit dem Herrschaftsantritt Diokletians am 20.11. 284 begann die Spätantike, begann etwas Neues -aber an der historischen Interpretation dieser Neuerungen scheiden sich bis heute die Geister. Die lange Jahrzehnte geradezu kanonische Deutung geht auf Theodor Mommsen zurück: Mit Diokletian sei der Prinzipat durch den Dominat abgelöst worden, in welchem der Kaiser als Herr ("dominus") weit über den Aristokraten sowie über der kaiserzeitlichen Rechtsordnung gestanden und gar eine gottähnliche Stellung eingenommen habe. Diese Auffassung kann inzwischen als überholt betrachtet werden, 1 gleichwohl diskutiert man weiterhin, ob und inwiefern Diokletian und seine Mitherrscher eine überlegte Neuformierung der Kaiserherrschaft angestrebt haben und wie ihre Reformen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zu beurteilen sind.Gewandelt hat sich auch das Bild der Spätantike insgesamt. Galt diese früher als lange Verfallszeit des Altertums bzw. als Ouvertüre des europäisch-byzantinischen Mittelalters, so besteht heute kein Zweifel mehr an dem genuin antiken Charakter des spätrömischen Reiches, das im 4. Jahrhundert sogar eine neue Blüte erlebte. 2 Die wichtigsten Elemente der geschichtlichen Entwicklungen und Wandlungen der Zeit zwischen 284 und 363 werden in dem vorliegenden Band anhand von literarischen Quellen, Dokumenten und Denkmälern zur Sprache kommen, darunter insbesondere auch die religiöse Entwicklung, bildet doch der Konflikt zwischen Christentum und Heidentum ein, wenn nicht gar das beherrschende Thema des 4. Jahrhunderts. Insofern bietet der chronologische Endpunkt des Bandes, das Jahr 363, in zweifacher Hinsicht eine sinnvolle Zäsur: Mit dem Tod des Kaisers Julian endete nicht nur die konstantinische Dynastie, sondern zugleich scheiterte der letzte umfassende Versuch, der fortschreitenden Christianisierung 1 Bleicken (1978). 2 Vgl. Demandi (1989) Xlllf.; ders., Der Fall Roms, 1984.