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»Wer ist der Boss einer Bewegung ohne Führer?«-diese simple und treffende Frage stellte der Journalist Vincent Glad in einem fast ikonisch gewordenen Artikel für die Libération über das Phänomen der »Gelbwesten« in Frankreich (Glad 30.11.2018 1). Die Proteste, die seit Ende 2018 scheinbar unkontrolliert, spontan, aber doch simultan an verschiedenen Orten immer wieder entstehen, verstehen sich nämlich als radikal horizontale, direktdemokratische Initiative abseits der Mobilisierungsstrukturen von Parteien oder Gewerkschaften. »Ab einem gewissen Punkt« jedoch, so stellt Glad fest, »bedarf es einer Struktur, um den Kampf zu koordinieren, eine Liste von Forderungen aufzustellen, auf Anfragen der Presse zu reagieren und mit der Regierung zu verhandeln.« (Ebd.) In dieser Lage habe sich nun-Stand November 2018-eine achtköpfige »Delegation« gefunden, um für die Bewegung zu sprechen. Und in ganz undemokratischer Weise habe sich diese Delegation quasi »selbst ernannt«: »Bei dieser neuen Art der Mobilisierung, bei der Online-Teilnahme genauso wichtig ist wie das Blockieren von Kreisverkehren, sind standardmäßig die Admins der involvierten Facebook-Gruppen die Anführer. Eric Drouet und Priscillia Ludosky sind beide Admins der Gruppe La France en colère !!! [›Frankreich zornentbrannt!!!‹], die 250.000 User umfasst. In der Achtergruppe sticht ein dritter Kopf heraus: der charismatische Maxime Nicolle alias Fly Rider […]. Er verwaltet die Gruppe Fly Rider infos blocages [›Fly Rider Blockade-Infos‹], eine Gruppe von 62.000 Menschen, die täglich seinen Facebook-Livestreams folgen.« (Ebd.
Wir sind User. Früher waren manche von uns noch Surfer. Es gab den Einstieg und ein Ende dieser Aktivität. Vor allem aber handelte es sich dabei um eine Aktivität. Es ging mitunter darum, ein neues Gebiet zu entdecken, sich anonym zu begegnen, Pornos zu schauen, Wissen, Erfahrung, Bilder einzuholen und zu teilen. Es gab eine Zeit-und diese tickte in Minuten 1-, da wurde das Internet als Ort der Freiheit und demokratischen Gleichheit gefeiert, 2 an dem Teilhabe theoretisch allein durch den Anschluss (den Computer, das Telefon, das Modem) gewährleistet war. Das Surfer-Subjekt schien darin befreit von den Normen und Normalisierungen, den Einschließungen und Repressionen des Alltags. Die Hoffnung war, 1 | In den 1990ern, als das Internet einer breiteren Masse bekannt wurde, funktionierte der Zugang noch nach dem Paradigma des Telefonierens: Über das Modem oder die ISDN-Karte wählte man sich in das Telefonnetz ein und wurde minutenweise abgerechnet. Heute, unter Bedingungen des Breitbands, funktioniert umgekehrt das Telefon nach dem Paradigma des Internets: Die Stimme wird nun üblicherweise über Rechnernetze (VoIP) übertragen.
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