Der Begriff der Verwaltung bezieht sich auf "die überwachende, disponierende Tätigkeit im Umgang mit Gütern, Tätigkeiten und Leistungen" (Fuchs-Heinritz 2011). Organisationenob staatliche, privatwirtschaftliche oder NGOsverwalten aber nicht nur Güter und Dienstleistungen, sondern auch Lebensläufe und im weitesten Sinne Biographien involvierter Menschen. Indem sie Rahmenbedingungen für individuelles Handeln schaffen, strukturieren sie Bildungsbiographien, Erwerbsbiographien, Beziehungsbiographien, und zwar nicht nur ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern unter Umständen auch die ihrer Partner, Kinder, Kunden oder Auftraggeberinnen und Auftraggeber. Unterschiedliche gesellschaftliche Veränderungen stellen dieses "Verwaltungshandeln" in Frage. An erster Stelle wird hier gesellschaftliche Differenzierung sowie Individualisierung von Biographien genannt (vgl. Fischer-Rosenthal/Rosenthal 1997; Beck/Beck-Gernsheim 2002), welche die Legitimität der Verwaltungslogik und der Verwaltungsroutinen irritiert. Verwaltungslogik verweist auf klare Strukturen, sozial legitimierte Zielvorgaben und meist routinierte Prozesse. Anders sieht es mit der Logik der Biographiegestaltung aus, die den unvorhersehbaren Zufall, individuelle (unter Umständen irrationale oder zweckrationale) Wünsche, Veränderlichkeit der Rahmenbedingungen und der Praktiken akzeptiert und als "natürlich" betrachtet. Stellt die Verwaltung nur eine Begrenzung für die ansonsten freie Biographiegestaltung dar? Inwiefern ist die freie Biographiegestaltung ein Mythos der auf Selbstbestimmung und individuelle Persönlichkeitsentfaltung bedachten Gesellschaft? Oder wird durch die Definition von Strukturen eine soziale Biographie als ein Ausdruck der Individualität (mit individuellen Wünschen, Bestrebungen, Fähigkeiten und Selbstverständnissen) erst möglich? Macht eine Abgrenzung der strukturellen Zwänge einerseits und der individuellen Bestrebungen andererseits noch Sinn? Oder wäre es angemessener, über die subjektive Sicht der sozialen Rahmenbedingungen nachzudenken? Die Beiträge in diesem Heft widmen sich verschiedenen Zusammenhängen im Spannungsfeld von Struktur und Individualität. 1 Sie thematisieren einerseits Veränderungen und Strategien der individuellen Biographiegestaltung sowie des subjektiven Umgangs mit strukturellen Einschränkungen. Sie nehmen andererseits Prozesse strukturellen Wandels in den Blick, die von den individuellen Irritationen induziert und 1 Die Beiträge repräsentieren eine Auswahl der Vorträge auf dem Worhshop "Verwaltete Biographien", den Astrid Biele Mefebue (Georg-August-Universität Göttingen, Institut für Diversitätsforschung) und Elisabeth Schilling (Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, Forschungszentrum für Personalmanagement) am 19./20.11.2015 in Göttingen veranstaltet haben.
scite is a Brooklyn-based organization that helps researchers better discover and understand research articles through Smart Citations–citations that display the context of the citation and describe whether the article provides supporting or contrasting evidence. scite is used by students and researchers from around the world and is funded in part by the National Science Foundation and the National Institute on Drug Abuse of the National Institutes of Health.