Warum benötigen wir empirische Daten zu Vereinen, Stiftungen und anderen gemeinnützigen Organisationen ? Der Großteil bürgerschaftlichen Engagements findet nach wie vor überwiegend in Vereinen und anderen Organisationen des Dritten Sektors statt. Sie bilden also einen organisationalen Rahmen für bürgerschaftliches Engagement (vgl. Abschnitt 4.8). Zudem leisten diese Organisationen vielfältige gesellschaftliche Beiträge. Sie ergänzen die von Staat und Wirtschaft erbrachten Angebote und Leistungen vor allem als Dienstleister für zentrale Bereiche der sozialen Daseinsvorsorge, wie Kinderbetreuung und Altenpflege. Als Träger zahlreicher sozialer Einrichtungen sind sie auch bedeutende Arbeitgeber (vgl. Kapitel 5). Vereine und andere Organisationen sind wichtige Bildungsträger, nicht nur als Einrichtungsträger von Kindertagesstätten und Schulen oder Hochschulen in privater Trägerschaft. Sie ergänzen als Anbieter von Nachmittagsbetreuungsangeboten das schulische Angebot, daneben bieten sie eine breite Palette außerschulischer Bildungsangebote an, oftmals in "ganz normalen" Vereinen wie Sport-, Kultur-oder Umweltvereinen. Ohne Vereine gäbe es viele Sport-, Kulturund Freizeitangebote gar nicht. In strukturschwachen Regionen ergänzen Vereine, Stiftungen, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften immer häufiger auch als Träger von Bürgerbussen, Dorfläden oder Dorfkneipen die öffentlichen Versorgungsangebote. In akuten Bedarfssituationen, etwa bei Flutkatastrophen, sind es oftmals die Organisationen der Zivilgesellschaft, die schnell und unbürokratisch helfen. Auch in der Flüchtlingshilfe haben sich, neben den vielen Einzelpersonen und informellen Initiativen, viele Organisationen der Zivilgesellschaft eingebracht. Durch ihr vielfältiges Angebot leisten diese Organisationen damit wichtige Beiträge zur gesellschaftlichen Integration.
Wer sind die Menschen, die innerhalb und außerhalb zivilgesellschaftlicher Organisationen engagiert sind ? Wie hoch ist der Anteil dieser Personen an der Bevölkerung ? In welchen gesellschaftlichen Bereichen sind engagierte Menschen tätig ? Im vorliegenden Kapitel werden die vorangehenden Darstellungen zivilgesellschaftlicher Organisationen (siehe Kapitel 3) um die Akteure ergänzt, die in diesen Organisationen tätig sind. So sollen zum einen die Engagementquoten im Daten-und Zeitvergleich betrachtet und zum anderen dargestellt werden, in welchen gesellschaftlichen Bereichen sich Menschen engagieren, welche regionalen Unterschiede (Bundesländer) es gibt und wie sich das Engagement zwischen Bevölkerungsgruppen (nach Altersgruppen, Geschlecht, Migrationshintergrund, Bildung und Erwerbsstatus) unterscheidet. Als spezifische Formen des Engagements sollen organisationsgebundenes und informelles Engagement, zeitintensives Engagement sowie Freiwilligendienste betrachtet werden. Begriffsklärungen und Definitionen: In der öffentlichen Diskussion werden die Begriffe freiwilliges Engagement, bürgerschaftliches Engagement, Ehrenamt und Freiwilligenarbeit häufig synonym verwendet. Obwohl diese Begriffe überlappende Bedeutungen haben, sind doch deutliche Unterschiede erkennbar. Deshalb werden sie im Folgenden beschrieben. ■ Bürgerschaftliches Engagement: Als Bezugspunkt dient häufig die Definition der Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements", die im Jahr 2002 fünf Kriterien vorlegte: Bürgerschaftliches Engagement ist freiwillig, findet im öffentlichen Raum statt, ist gemeinschaftsbezogen, trägt zum Allgemeinwohl bei und ist nicht auf materiellen Gewinn gerichtet (Deutscher Bundestag 2002). Auch die Sachverständigenkommission des Ersten Engagementberichts der Bundesregierung baute auf diesem Kriterienkatalog auf (Deutscher Bundestag 2012).
Im folgenden Kapitel werden zivilgesellschaftliche Organisationen und ihr Beitrag für den Arbeitsmarkt behandelt. Neben allgemeinen Strukturen werden Entwicklungstendenzen vorgestellt. Die Ergebnisse beruhen auf den Daten des statistischen Unternehmensregisters des Statistischen Bundesamtes, dem IAB-Betriebspanel, den Erhebungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, dem ZiviZ-Survey sowie auf Daten des Sportentwicklungsberichts (vgl. Kapitel 8.1). 5.1 Beschäftigungsvolumen und-entwicklung1 Der Dritte Sektor2, beziehungsweise die organisierte Zivilgesellschaft, spielt eine zentrale Rolle für den deutschen Arbeitsmarkt. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der bezahlten MitarbeiterInnen (sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigte) im Dritten Sektor nach Angaben des IAB-Betriebspanels von 2,9 im Jahr 2007 auf 3,7 Millionen im Jahr 2016 merklich erhöht.3 Die Beschäftigungsentwicklung übertraf damit das allgemeine Beschäftigungswachs-1 Dieses Unterkapitel wurde verfasst von Christian Hohendanner, IAB, Wolfgang Schmitt, BAGFW und Boris Rump, DOSB.. 2 Unter dem Dritten Sektor verstehen wir jenen Bereich, der weder dem Staat noch dem Markt oder der Familie zuzuordnen ist. Typischerweise werden eingetragene Vereine, Stiftungen, gemeinnützige GmbHs und ein Teil der Genossenschaften hinzugezählt (vgl. auch Kapitel 3, Abschnitt 3.1). 3 Bei einer umfassenden Betrachtung der Beschäftigung, bei der zusätzlich PraktikantInnen, LeiharbeiterInnen, freie MitarbeiterInnen und TeilnehmerInnen an "Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung" (sogenannte "Ein-Euro-Jobber") mitgezählt werden, waren 2016 knapp 3,9 Millionen Personen im Dritten Sektor tätig (2007: 3,3 Millionen).
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