Es wird versucht, aus neueren chemischen und biochemischen Daten eine Basis fur das Verstandnis Flavin-( Vitamin-B2-)abhangiger Oxydation aufzuzeigen. Diese Ubersicht mochte folgendes herausstellen: Die chemischen Eigenschaften der Flavine miissen nach Redoxstufen (Chinonstuje, Radikalstufe, Hydrochinonstuje) difSerenzievt werden, denn bei der Reduktion andern sich Planaritat, Energieinhalt der Tautomerjormen, Metall-Affinitat usw. drastisch. -Die Methylgruppe an C-8 der Flavochinone ist reaktionsfahig. -Die Elektronentransfer-Eigenschaften des Flavin-Systems hangen oft von der Kopplung an sekundare Redox-Systeme im Apoprotein ab. Diese Wechselwirkung Jtabilisiert die halbreduzierte Stufe des Flavins thermodynamisch. -Synthesen in der Dihydrostufe machen zahlreiche neue Flavin-Typen, u. a. stabilisierte jreie Radikale, zuganglich. -Das Flavinradikal reagiert nur Iangsam mit 0 2 , solange es nicht disproportionieren kann, d. h. die Jchnelle Flavin-Autoxydation verlauft iiber die Dihydrostufe. -Der Flavinkern gewinnt erst durch Aufnahme eines und nur eines Elektrons Affinitat zu Schwermetallionen. -Redox-Aktivitat und Kontakt mit dem Flavocoenzym sind fur die in Fiavoproteinen vorkommenden Metalle Fe und Mo sichergestellt. Die Eigenschaften der Metall-Koordinationssphare werden in erster Linie durch schwefelhaltige Gruppen des Apoproteins bestimmt I. Einleitung 1. Definition und Nomenklatur der Flavine Flavin ist die Trivialbezeichnung fur die chromophore, redox-aktive prosthetische Gruppe einer in Tier-und Pflanzenreich weit verbreiteten Klasse von Atmungs-Enzymen, der Flavoproteine. Die Flavin-Gruppe ist Teil einer nichtproteiden niedermolekularen Enzym-Untereinheit, des Flavocoenzyms, welches von Enzym[ l ] Vollstandige Erfassung der Literatur wird nicht angestrebt ; der Leser sei auf andere Darstellungen dieses Forschungsbereichs verwiesen, z. B. P. D . Boyer, H . Lardy u. K . Myrback: The Enzymes. Academic Press, New York-London, Bd. 11, 1960, S . 360, Bd. VII, 1963; V . Mussey u. C. Veeger, Annu. Rev. Biochem. 32, 553 (1963). zu Enzym sehr verschieden fest am ,,Apoprotein" haftet (vgl. Abschnitt V1,l). Die beiden Flavocoenzyme werden zu Unrecht als Flavin-Nucleotide bezeichnet (,,FMN" = Flavin-mono-nucleotid, ,,FAD" = Flavinadenin-dinucleotid, Schema I), denn das Flavin ist in den Flavocoenzymen nicht glykosidisch gebunden. Die saure Hydrolyse laBt daher den Polyhydroxy-Substituenten am Flavin-Kern intakt und fuhrt zum Riboflavin. Dieses alteste bekannte Flavin-Derivat ( Warburg und Christian 1932) [3] ging zunachst als Lactoflavin (Vitamin B2) in die Literatur ein. ~ [2] P . Hemmerich in : Mechanismen enzymatischer Reaktionen. 14. Mosbacher Colloquium der Ges. f. : Die Inaktivitat des auf Flavoprotein ubertragenen Wasserstoffs ist auffallend, da es sich urn eine Stickstoff-Acceptorfunktion (N-5) handeln muR. Es ist zu fragen, ob diese Inaktivitat des H-Atoms an N-5 durch das Enzymprotein bedingt oder aber eine Eigenschaft des freien reduzierten Coenzyms ist. Modellstudien hierzu werden vorbereitet. [7a] C. ...