Ein wesentliches Element der Erfolgsgeschichte des Stahlbetonbaus ist die Beherrschung der Rissbildung, sodass die Rissbreiten im Gebrauchszustand auf ein tolerierbares Maß begrenzt werden können. Mehr als 60 Jahre nach den ersten gezielten Forschungsarbeiten zur Rissbreitenentwicklung in Stahlbeton mit Rippenbewehrung besteht aber noch immer kein Konsens darüber, wie die Rissbreite rechnerisch prognostiziert werden sollte. Dieser Beitrag greift die mechanische Modellvorstellung aus DAfStb‐Heft 466 nach König/Tue zur Berechnung der maximalen Rissbreite [1] auf und vergleicht die Ergebnisse mit modernen numerischen Simulationsmethoden. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf den Einfluss der Betondeckung auf die Oberflächenrissbreite und die Bedeutung einer rissbreitenabhängigen Verbundspannung in der Berechnung gelegt. Dabei zeigt sich, dass das mechanische Modell zur maximalen Rissbreite durch die numerische Simulation sehr gut bestätigt werden kann.
Limiting crack widths to an acceptable level and determining the required minimum reinforcement are important tasks in the design of reinforced and prestressed concrete structures. Experience with different types of structures, ranging from watertight concrete structures to prestressed concrete bridges, shows that the concept currently applied in Germany and Austria is very effective and that significant changes are not necessary. The current draft for the revision of the EC2 (prEC2), however, presents a new concept for crack width verification and minimum reinforcement. In contrast to the concept currently used in Germany and Austria, this new concept is based more on the analysis and good reproduction of observations made in laboratory experiments and takes less account of the mechanical relationships of reinforced or prestressed concrete after cracking. For this purpose, numerous empirical factors are introduced which not only complicate the understanding but also the application in practice. However, an improvement in the accuracy of the crack width prediction is not achieved and the minimum reinforcement is significantly underestimated, especially for prestressed cross sections and thick members. In this article, the new concept set out in prEC2 is explained in detail. Its main weaknesses and contradictions are discussed by a comparison with the concept currently applied in Germany and Austria as well as detailed analysis of 2D FEM simulations with discrete cracks and adequate regard of the bond stress-slip relationship at the reinforcement-concrete interface. This should provide the basis for a factual discussion before the introduction of prEC2 into practice.
Die Begrenzung von Rissbreiten auf ein akzeptables Maß und die Ermittlung der erforderlichen Mindestbewehrung sind wichtige Bestandteile der Planung von Stahlbeton‐ und Spannbetontragwerken. Erfahrungen mit unterschiedlichen Bauweisen und Tragwerkstypen von Weißen Wannen bis hin zu Spannbetonbrücken zeigen, dass das derzeit verwendete Konzept in Deutschland und Österreich sehr zielführend ist und wesentliche Änderungen nicht notwendig sind. Im Entwurf für die bevorstehende Revision des EC2 wird ein neues Konzept für die Rissbreitenermittlung und Mindestbewehrung vorgestellt, welches im Gegensatz zu dem derzeitigen Konzept in Deutschland und Österreich mehr auf der Auswertung einer Datenbank basiert und weniger die mechanischen Zusammenhänge des Stahl‐ bzw. Spannbetons nach der Rissbildung berücksichtigt. Hierzu werden zahlreiche empirische Faktoren eingeführt, die nicht nur das Verständnis, sondern auch die Anwendung in der Praxis deutlich erschweren. Eine Verbesserung der Aussagegenauigkeit zu den Rissbreiten wird hiermit allerdings nicht erzielt und die Mindestbewehrung wird vor allem für vorgespannte gegliederte Querschnitte und dicke Bauteile deutlich unterschätzt. In diesem Aufsatz wird das vorgeschlagene Konzept für die Revision des EC2 detailliert erläutert. Die darin enthaltenen wesentlichen Schwächen und Widersprüche werden anhand des Vergleichs mit dem derzeitigen Konzept in Deutschland und Österreich sowie detaillierten Betrachtungen mittels 2D‐FEM‐Simulationen mit diskreten Rissen und adäquater Berücksichtigung der Verbundspannungs‐Schlupf‐Beziehung verdeutlicht. Hiermit sollten Grundlagen für eine sachliche Diskussion vor der Einführung des neuen EC2 geschaffen werden.
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