Der gliicklich gewghlte Ausdruck ,,Tetanie"~) bezeichnet zungchst lediglich jene in Anfgllen yon sehr verschiedener Dauer, Intensit&t und Schmerzhaftigkeit auftretenden abnormen Spannungszustgnde in der distalen Muskulatur der Extremit&ten, welche die I-Ignde in die bekannte Geburtsheifer-oder Pf6tchenstellung zwingen, seltener zugleich Fug und Zehen in stark plantarer Flexion fixieren. Mit fortschreitender Erkenntnis hat sich gezeigt, dab die Tetanieattacke die NuBerung einer zwischen den Anf/illen fortwaltenden und auch in der Latenz erkennbaren Krampfbereitschaft ist, beim Menschen jenseits des S/iuglingsalters yon deren Manifestationen die h~ufigste, abet keineswegs die einzige, beim Sgugling zweifellos die seltenere oder jedenfalls viel seltener besonders augenfgllige. Allm~ihlich ist so die Bezeichnung Tetanie, die damit allerdings ihren Wortsinn verliert --nach Art einer pars pro toto --auf einen, im Wesen eng zusammengeh6rigen Komplex yon tonischen und klonischen Krampfformen iibertragen worden, nnd unter dem Begriffe der Tetanie im weiteren Sinne faBt die moderne Krankheitslehre die genannte Diathese samt allen ihren ohne weiteres oder mittels gewiser Kunstgriffe sich darbietenden Erscheinungs!ormen zusammen. Die /ilteren Autoren nennen als Ursache der Tetanie Infektionskrankheiten und Vergiftungen, chronische Diar-rh6en und Py!orusstenosen mit gehguftem Erbrechen, Schwangerschaft und Stillgesehgft. Aber, wie schon TROUSSEAU wuBte, sind das nicht Faktoren, welche die Diathese erzeugen , sondern offenbar lediglich Bedingungen, welche ihre Ent, /iuBerung begfinstigen, ebenso wie etwa die Zugeh6rigkeit zu bestimmten Berufen (Schuster, Schneider) oder die Tetaniesaison (Jannar his April). Ganz anders zu werten ist diejenige Tetanie, die zuerst den Chirurgen begegnete, Ms sie, die gewaltigen Folgen des Eingriffs nicht ahnend, die Totalexstirpation der strum6s entarteten Schilddriise auszufiihren begannen. Man hat bekannt-Hch la.nge die auch im Experiment leicht erzeugbaren Krampferscheinungen auf den Verhst der Schilddriise bezogen; aber es ist heute wohl Allgemeingut des grztlichen Wissens, dab fiir den Ausbruch der auch jetzt nicht immer vermeidbaren Tetania strumipriva die Mitentfernung oder traumatische Sch~digung yon vier winzig kleinen, der Schilddriise enganliegenden, aber entwicklungsgeschichtlich, histologisch und Iunktionell ihr ganz fernstehenden Gebilden --Parathyreoideae oder Epithelk6rperchen genannt --'verantwortlich zu machen ist. Durch die Reduktion der Epithelk6rperchenmasse wird wirklich eine Diathese neu geschaffen, d.h. eine ge/~nderte Reaktionsbereitschaft des Organismus, vor allem wichtiger Apparate seines Nervensystems, als Dauereigenschaft erworben. Ist das Parathyreoidgewebe vollstgndig, entfernt oder zerstSrt, so geniigen offenbar die leisesten Eigenreize des Organismus, um den ganzen Eormenreichtum der Tetaniemanifestationen in einem denkbar schweren Krankheitsbilde erstehen zu lassen. Andererseits braucht sich bet partidier Insuffizienz oder-zeitweiser AusschMtung der Epithel-_k6r...