Odysseus bei Polyphem "Macht Macht dumm?"-Stimmt es oder nicht?-Ausgehend von der ersten Antwort auf diese Frage, lässt sich schnell ein Bezug zu Nietzsches Moralkritik und zu der für sie grundlegenden Unterscheidung zwischen der "Herren-und Sklavenmoral" herstellen. Er ermöglicht die Auseinandersetzung mit zwei Th emen: mit der Kritik jener Ideologie, die das "Recht des Stärkeren" für selbstverständlich hält; zweitens mit der Analyse von Nietzsches nicht-trivialer und eigentlicher Th eorie des "Herrn" und deren Bedeutung. Im Zusammenhang dieser Überlegungen werden auch Odysseus und Sokrates, die beiden exemplarischen Vertreter von Klugheit und Scharfsinn, auf der Gedankenbühne erscheinen, sowie Kant-der sowieso nie und nirgends fehlen darf, wenn es um die Chancen der praktischen Vernunft geht. Nun also-macht Macht dumm?-Die Antwort lautet ohne weiteres "Ja", wenn man sich an jene berühmte Entfaltung der Logik des "Kampfes um Anerkennung" hält, die Hegel und dessen Popularisator Alexandre Kojève als dialektischen Prozess beschreiben, an dessen Ende der "Knecht" selber Herr (nämlich über die von ihm zu bearbeitende Natur) und umgekehrt der "Herr" zum Knecht des Knechts geworden ist (Hegel 1952, S. 141ff .). Herr ist, wer befi ehlt. Wer nicht mehr lernen muss, weil er nur noch herrscht; wer nicht mehr zu überzeugen braucht, weil er Gehorsam zu erzwingen vermag; wer nichts mehr suchen muss, weil ihm jeder Wunsch sogleich erfüllt wird, der wird notwendigerweise "dumm". Und zwar in jeder Hinsicht: Er verlernt, geduldig zu forschen, was an den Reaktionen des gegebenen Materials auf unsere Erwartungen abzulesen wäre; er verliert das Gefühl für die sozialen Schwingungen und individuellen Empfi ndlichkeiten, die unsere Interaktionen auslösen. Satt geworden und faul, vergisst er zu träumen und anders und neu zu denken; anders als so, wie es ihm gewohnt, ausreichend und gut erscheint. Dem überheblich, stumpf, sich über sich selber täuschenden "Herrn" steht anderseits der "Knecht"-oder der "Sklave"-gegenüber: Not lehrt ihn denken-und darüber hinaus die Systematik forschenden Lernens. Die Erfahrung der eigenen Unzulänglichkeiten A. Brodocz et al. (Hrsg.
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