Seit der Ausstrahlung seiner achtteiligen Netflix-Serie Ancient Apocalypse (2022/23; auf Deutsch: "Untergegangenen Zivilisationen auf der Spur") ist ein intensiver Streit um die unorthodoxe Geschichtsschau entbrannt, die der alternative Sachbuchautor Graham Hancock darin erneut vorgelegt hat (vgl. zuvor v.a. sein Buch Fingerprints of the Gods, 1995, und ähnliche Publikationen in der Folgezeit). Diese Auseinandersetzung wird momentan (Februar 2023) meist mit großer Polemik geführt. Tiefer gehende Analysen von wissenschaftlicher Seite ließen aber bislang auf sich warten -ganz analog wie einst im Falle Erich von Dänikens und der Prä-Astronautik. Der nachstehende Aufsatz ist daher ein Versuch, Hancocks Darstellung aus kultur-und religionswissenschaftlicher Perspektive genauer zu analysieren, seine Interpretationsmethoden zu identifizieren und seine Quellen in ihren jeweiligen Kontexten (und seinen Umgang mit ihnen) zu überprüfen. Hierzu wird zunächst eine eingehende Analyse von Graham Hancocks Episode Zwei unternommen und im Anschluss daran wird Hancocks Quetzalcoatl-Erzählung auf ihre empirische Tragfähigkeit und Plausibilität überprüft -sowohl im Film als auch in seinen schriftlichen Publikationen.Wie sich im Verlauf dieser Analyse zeigen wird, erweist sich Hancocks methodisches Vorgehen stets als höchst problematisch, da er seine ganz eigenen Deutungsmuster immer wieder -ohne eingehendere Prüfung -vorschnell auf seine Quellen projiziert und mit ausgesprochen unsauberer und fehlerhafter Belegpraxis arbeitet. Seine Deutung Quetzalcoatls (bzw.: der Person Ce Acatl Topiltzin) beruht zudem auf der christlich-kolonialzeitlichen Fiktion eines angeblich "weißen" und "bärtigen" Kulturheroen, die nichts mit den vorspanischen Quellen zu hat. Mit diesem christianisierten Konstrukt enteignet Hancock letztlich die Quetzalcoatl-Traditionen, und -wie sich zeigen wird -er verfälscht sie zusätzlich durch weitere fremde Elemente und ignoriert wichtige, seinen Thesen zuwiderlaufenden, empirische Befunde. Hancock hinterlässt auf diese Weise auf allen Quellen und Artefakten, die er ‚in die Hand nimmt', seine eigenen Fingerabdrücke, die ihn bei genauerem Hinsehen meist als ausgesprochen manipulativen ‚Täter' entlarven: Sein Zugriff auf Quellen erweist sich als fehlerhaft, unsauber und höchst selektiv. -Die Folgerung, die sich am Ende nahezu zwangsläufig ergibt, lautet: Man sollte Hancock nicht als realitätshaltigen ‚Forscher' lesen, sondern als einen Fiction-Autorgenauer Science-Fiction-Autor, der seine fiktionale "Phantastische Wissenschaft" aber in der Gestalt einer ‚wissenschaftsartig' gestalteten Publikation (mit Fußnoten und Quellenbelegen) vorlegt. Faktisch treffen auf seine Deutungen aber sämtliche Vorbehalte zu, die schon gegenüber Erich von Däniken und der Prä-Astronautik formuliert wurden. Bei Hancock tritt das verschärfte Problem hinzu, dass er auf der Basis seiner gefälschten, ‚weiß-gewaschenen' kolonialzeitlichen Quetzalcoatl-Figur eine ‚kulturelle Enteignungserzählung' betreibt, die an typische White Supremacy-Milieus dire...
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