Die in den fruheren Mitteilungen dieser Reihel) entwickelten Methoden, Uberlegungen und Bezeichnungen werden in der vorliegenden Abhandlung auf die Gruppe CH.CN angewandt, nnd znm SchlnD die Ergebnisse fur alle nntersuchten Substitoenten zusammengefabt. F u r die Cyangrnppe handelte es sich urn die Beantwortnng folgender Fragen:1. Wie reiht sich die Cyangruppe hinsichtlich ihrer acidifizierenden Wirknng anf eine benachbarte protonhaltige Grnppe in die bisher nntersuchten Substitnenten ein? Die allgemeine Theorieq fordert, daD diese Wirknng (allgemein der ,,indnktive Effekt") der Cyangrnppe unter allen kohlenstofhaltigen einfachen Snbstitnenten am starksten aein mull. Uas Kohlenstoffatom der Cyangrnppe befindet sich auf der Oxydationsstufe des Carbozyl-kohlenstoffs, d. h. drei seiner Elektronen sind ,, von Schliisselatomen uberwiegend beansprucht ". Zwar ist diese Beansprnchnng seitens des Stickstoffs an sich geringer als seitens des starker elektronenaffinen Sauerstoffs (Ester-gruppe), aber dies wird bberkompensiert dnrch die 3-fache C=N-Bindung, dnrch welche fast die volle Elektronen-affinitat des N -Atoms anf das Kohlenstoffoktett wirkt. -Dies Postulat steht in Einklang mit dem bekannten Verhalten von Malonitril, Cyanamid, Dicyan-imid usw. Aber dies vorbekannte Tatsachen-material war nicht beweisend, da der desmotrope Znstand dieser Verbindungen nicht feststand. --__ -I) Abh. I , Arndt u. Martiue, A. 499, 228 (1952); Abh. 11, Arndt u. Schole, A. 610, 62 (1934); Abh. 111, Arndt u. R o s e , SOC. 19%, 1; vgl. anch Arndt u. Eietert, R. 68, 193 (1935). Bnnalen der Chemle. 591. Band. 7 ' ) Vgl. iusbesondere Abh. I, S. 239ff.
A r n d t , Scholz und Frobel,2. Welches ist der elektromere Effekt der Cyangruppe im Vergleich mit den bisher untersnchten Substitnenten? Unter ,,elektromerem Effekt" ist die Gesamtheit der Wrkungen zu verstehen, die auf der Moglichkeit von elektromerer Elektronen-verschiebnng beruhen, also : a) Ubergang der ,,Cyan-form" OH-C=N in die ,,Keteninlid-form" C=C=N-H, im folgenderi kurz ,,Enimid-form" genannt. 1st solche ,,Enimidisierung" grundsatzlich moglich, und ist die empirische Aciditat von Verbindungen, Relche eine oder mehrere Cyangruppen am gleichen Kohlenwasserstoff-rest tragen, unter Umstanden auf das Imid-proton solcher Enimidform znriickzufuhren ? nber diese Frage liegt im bisherigen Schrifttum nnseres Wissens noch kein Material und keine Stellungnahme vor. Die Theorie sagt dariiber folgendes ans : Die Enimidisierung besteht ans Anderung des Elektronensystems und Prototropie; der ,,elektromere Effekt" bezieht sich nnr auf den ersteren Vorgang, aber beide VorgLnge sind, falls die Cyangruppe an Kohlenstoff haftet, zwangslaufig mitebander gekoppelt l), ebenso wie bei der Enolisierung von Carbonyla). Fiir die an Kohlenstoff (nicht fur die an Stickstoff) haftende Cyangruppe mu6 die Enimidform saurer sein3) als die Cyan-form, denn die Protonbeweglichkeit am Stickstoff ist grundsatzlich grof3er als die am Kohlenstoff (vgl. NH, m i t CH,). Fiir die Enimidisierung der Gruppe CH-CN ist also ein pr...