Zusammenfassung
Fragestellung Die in den letzten Jahren kontinuierlich verbesserte Prognose vieler Krebserkrankungen hat dazu geführt, dass die Themen „soziale und berufliche Teilhabe“ sowie der „return-to-work“ (RTW) eine zunehmende Bedeutung erhalten. Im Rahmen der aktuellen Arbeit wurde das in 2015 etablierte „Scheidegger MBOR-Konzept“ evaluiert.
Patienten und Methoden Nach Screening und Nachweis einer „besonderen, beruflichen Problemlage“ (BBPL) wurde die Teilnahme an dem standardisierten, manualisierten Konzept (berufsorientierte Physio- und Ergotherapie, Sozialberatung, psychoedukative Gruppen „Stressbewältigung/ Motivation“, sozialmedizinische Einzelberatung, Information Nachsorgemaßnahmen) verordnet. Zusätzlich wurden hemmenden Faktoren für den RTW, das Vorliegen einer Schmerzsymptomatik (NRS) und die psychischen Belastung (Distress-Thermometer; vs. Kontrollgruppe; n=100) erfasst.
Ergebnisse Bei 282 Patienten (~ 4,4%) wurde eine BBPL identifiziert. In 54 Fällen (19,1%) lag eine symptomatische Organmetastasierung vor, weswegen keine Teilnahme am Programm erfolgte. In 18,2% wurden LTA-Maßnahmen, in 38,6% die Einleitung einer stufenweisen Wiedereingliederung empfohlen. In 25,9% erfolgte die Bescheinigung einer (Teil)Erwerbsminderung. BBPL-Patienten berichteten häufiger (P=0,13) und über signifikant stärkere (P=0,007) chronische Schmerzen sowie über eine höhere psychische Belastung (P<0,001). Als hemmend für den RTW wurden angegeben: „Kraftlosigkeit/Fatigue“ (42,5%), „psychische Überlastung“ (34,7%), „krankheits-fördernde Arbeitsbedingungen“ (18,4%) bzw. „fehlende Wertschätzung/Mobbing“ (14,9%), „Alter“ (15,7%), „Schmerzen“ (13,1%). Somatische Nebenwirkungen der onkologischen Therapie (CIPN, Lymphödem) wurden seltener (<10%) angegeben.
Diskussion Gegenüber anderen Fachbereichen (z. B. Orthopädie) ist der Anteil an Patienten mit BBPL deutlich geringer. Die individuelle Bedeutung von berufsfördernden Maßnahmen und der RTW ist dennoch hoch, ebenso die Akzeptanz des MBOR-Konzeptes. Als hemmende Faktoren für den RTW ließen sich v. a. psychosoziale und arbeitsbezogene Faktoren nachweisen.
Schlußfolgerung Zukünftige Konzepte zur Förderung des RTW nach Krebs müssen daher insbesondere psychosoziale, motivierende und berufsfördernde Angebote beinhalten. Zudem ist zu beachten, dass ein großer Anteil von Patienten mit BBPL infolge einer infauste Prognose vermutlich auch langfristig keinen RTW erreichen werden.