Die Digitalisierung von Schule und Unterricht weiter voranzubringen, gehört zu den erklärten Zielen der Bildungspolitik. Dementsprechend werden inzwischen immer mehr Digitalisierungsprojekte gefördert, wobei die schulische Ausstattung mit Tablets bereits seit einigen Jahren und nach wie vor einen Schwerpunkt bildet. Im Rahmen dieses Beitrags gehen wir anhand von qualitativen Analysen empirischen Datenmaterials aus unserer Begleitforschung zu einer städtischen Ausstattungsinitiative der Frage nach, wie die berufliche Aneignung von Diensttablets durch Lehrkräfte – als einem elementaren Bestandteil der tiefgreifenden Mediatisierung des schulischen Arbeitsalltags – im Einzelnen abläuft und welche Einflussfaktoren dabei eine Rolle spielen. Mit Rekurs auf die Theorie einer «Pädagogik der Dinge» (Nohl 2011) interpretieren wir den Aneignungsprozess als Ausbildung eines «Hybrid-Akteurs» (ebd., 101) aus Lehrkraft und mobilem Endgerät. Bedingt durch technische Weiterentwicklungen fordert das Tablet die Medienkompetenz der Lehrkraft im Rahmen ihres beruflichen Handelns immer wieder neu heraus, sodass sich ein fortwährender Wechsel zwischen Phasen der Handlungssicherheit und Phasen der Irritation ergibt. Wie schnell und wie gut eine Lehrkraft technikinduzierte Irritationen überwinden und sich an neue mediale Gegebenheiten anpassen kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Als besonders aneignungsrelevant konnten wir basierend auf unseren empirischen Daten erstens die allgemeine Grundhaltung zum schulischen Einsatz digitaler Medien identifizieren; zweitens die bereits vorhandene Medienkompetenz der Lehrkraft bzw. ihre diesbezügliche Selbsteinschätzung; und drittens die Unterstützung, die der Lehrkraft während des Aneignungsprozesses zuteil wird. Im Sinne einer möglichst effizienten Integration des Tablets in das gesamte berufliche Handlungsspektrum von Lehrkräften lassen sich hinsichtlich aller drei genannten Einflussfaktoren gewisse Optimierungspotenziale aufzeigen.
Das Individuum muss in der Risikogesellschaft Lebensentscheidungen treffen und damit verbundene Risiken eigenverantwortlich tragen (Beck 1986). Zudem sind Optimierungsimperative allgegenwärtig, die als Disziplinierungen gesellschaftlich produktiv und für das Individuum zugleich einschränkend sein können (Foucault 1976, 265). Durch technischen Fortschritt gleichen diese heute mehr denn je «ultra-schnellen Kontrollformen mit freiheitlichem Aussehen» (Deleuze 1993, 255). Besonders sichtbar werden sie als Self-Tracking-Apps. Sie versprechen z. B. eine Steigerung der körperlichen Fitness oder der individuellen Leistungsfähigkeit. Jedoch sind etwa durch Datenmissbrauch, utopische Zielvorstellungen und Verdatung auch zahlreiche Risiken mit der Nutzung verbunden (Selke 2016). In unserem Beitrag werden wir die unterschiedlichen Facetten des Phänomens auf Basis einer qualitativen Studie mit Studierenden diskutieren. Wir arbeiten in einer zweiteiligen Analyse heraus, wie sich verändernde Selbst-/Weltbezüge im Spannungsfeld zwischen Kontrolle und Selbstermächtigung konstituieren. Zur Verdeutlichung rekonstruieren wir an einem Beispiel, wie sich das konturierte Spannungsfeld in die Self-Tracking-App Time Reduction einschreibt, und zeigen an Interviewmaterialien, wie sich ein Student zu diesem in Beziehung setzt.
Die «Mediatisierung» (Krotz 2001) des gesellschaftlichen Zusammenlebens erfasst insbesondere auch heutige Arbeitsfelder zutiefst und geht mit stetigen Veränderungen von Berufsbildern einher. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehen sich mit der Notwendigkeit konfrontiert, ihre eigene Arbeitskraft an die sich stetig wandelnden Bedingungen anzupassen. Auch pädagogische Berufsgruppen sind davon nicht ausgenommen. Der vorliegende Beitrag stellt im Zuge dessen die Frage, wie sich die biografische Bearbeitung der im Kontext der Mediatisierung entstehenden Anforderungen an hauptberuflich lehrendes Erwachsenenbildungspersonal theoretisch greifen lässt, die sich auf medienpädagogische Fort- und Weiterbildungen für pädagogische Berufsgruppen spezialisiert haben. Die Beantwortung dieser Frage zielt darauf, Vorarbeit für empirische Anschlüsse zu leisten. Der Beitrag skizziert die an die fokussierte Zielgruppe gestellten Anforderungen entlang der drei Bezugsdimensionen 1. Medien- und Organisation (-skommunikation), 2. Lehren und Lernen mit Medien und 3. Medien als Lerngegenstände (Kamin und Meister 2015). Im Anschluss schlägt er für die theoretische Konzeptualisierung ihrer biografischen Bearbeitung das Konzept «Sozialisation und Bewältigung» (Böhnisch, Lenz, und Schröer 2009) vor, das eine lebenskontextübergreifende Erfassung dieser Bearbeitungsprozesse ermöglicht.
scite is a Brooklyn-based organization that helps researchers better discover and understand research articles through Smart Citations–citations that display the context of the citation and describe whether the article provides supporting or contrasting evidence. scite is used by students and researchers from around the world and is funded in part by the National Science Foundation and the National Institute on Drug Abuse of the National Institutes of Health.
customersupport@researchsolutions.com
10624 S. Eastern Ave., Ste. A-614
Henderson, NV 89052, USA
This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.
Copyright © 2024 scite LLC. All rights reserved.
Made with 💙 for researchers
Part of the Research Solutions Family.