Die politische Bearbeitung sozialer Risiken liefert die Basis der dynamischen Entwicklung des modernen Wohlfahrtsstaates und der Ausdifferenzierung seiner institutionellen Strukturen (vgl. Rüb 2003). Die Absicherung gegenüber Arbeitsunfallrisiken bildete in Österreich wie in vielen anderen Ländern auch den Ausgangspunkt zur Entwicklung sozialer Sicherheit. In ihr System wurden nach und nach weitere soziale Risiken integriert (vgl. Schmid 2010; Ritter 2010). Die Systeme der sozialen Sicherheit sind nicht nur durch ihre Entstehungsgeschichte eng mit Erwerbsarbeit verbunden. Sie sind durch ein dialektisches Verhältnis zur »gesellschaftlichen Konstitution von Erwerbsarbeit« und zu den »Prozessdynamiken der Rationalisierung, Technisierung und Organisierung von Arbeit« gekennzeichnet (Böhle/Lessenich 2018, S. 703). In dem Maße, in dem Erwerbsarbeit zur Lebensgrundlage eines immer größeren Teils der Bevölkerung wurde, verstärkte sich auch der gesellschaftliche und politische Druck, Vorkehrungen für die sozialen Risiken von Nichtarbeit zu treffen -insbesondere für die sogenannten Wechselfälle des Lebens wie Alter, Tod, Invalidität oder Krankheit, Unfall, Mutterschaft oder Arbeitslosigkeit, in denen dauerhaft oder sequenziell kein Erwerbseinkommen erzielt werden kann. Zudem schaffen Systeme der sozialen Sicherheit einen Ausgleich zwischen dem Einkommen und den Bedürfnissen in bestimmten Lebensphasen, wenn etwa minderjährige Kinder zu versorgen oder Angehörige zu pflegen sind.Systeme der sozialen Sicherheit bieten staatliche Versorgungs-und Dienstleistungen insbesondere im Gesundheits-und Bildungsbereich an. Sie wären aufgrund der notwendigen Expertise und technischen Ausstattung am freien Markt sehr teuer. Weitere Aufgabenfelder sind Einkommensumverteilung und Arbeitsmarktregulation sowie die Gestaltung von Arbeitsbedingungen durch Maßnahmen des Sicherheits-und Gesundheitsschutzes von Arbeitnehmer*innen. Auf funktionaler Ebene können die Aktivitäten des Wohlfahrtsstaates in die vier Bereiche der Armutsprävention, Armutsminderung, sozialen Entschädigung und Einkommensumverteilung eingeteilt werden (vgl. Dixon 1999; Huws 2014; Ritter 2010).Die staatlich regulierte Absicherung nicht nur gegenüber Risiken, die durch fehlendes oder geringes Erwerbseinkommen entstehen, sondern vor allem gegenüber Risiken, die aus der Erwerbstätigkeit selbst resultieren, ist eine Besonderheit eines
The world of work is changing. This change manifests itself through various developments, such as individualisation, flexibilisation or dissolution of boundaries, which also shape the discourse on the subjectification of work. Changing work requirements and demands made by employees are closely entwined with changes in health burdens of working people. While workplace accidents decline, an increasing emergence of work-related diseases can be observed. Contemporaneously, longterm health maintenance and employability is gaining importance as access conditions to welfare state benefits is becoming increasingly restricted.The prevention of accidents and illnesses at workplace level is historically rooted in the Austrian welfare state. Workplace disease prevention is based on regulations of occupational health and safety (OHS) as well as statutory accident insurance. Interpretation and communication of these regulations through legally mandated institutions strongly influence companies' OHS prevention measures. However, in the face of tertiarisation processes and the subjectification of work, traditional prevention discourses and prevention practices are liable to exclude growing parts of the working population.The study examines the contradictions between a paternalistic-technocratic tradition of workplace disease prevention on the one hand, and workplace realities as well as psychosocial stresses in the context of subjectivised service work on the other hand. Current prevention discourses are empirically examined using qualitative methods. A focus is laid on the central state mediation bodies, the Labour Inspectorate and the Austrian Workers' Compensation Board. Based on this analysis, possible starting points for a more comprehensive integration of psychosocial risks into OHS prevention strategies are illustrated.
Lamnek konstatiert bezüglich der Gütekriterien in der qualitativen Sozialforschung und ihres essenziellen Elements: »Transparenz ist wichtiger als Objektivität« (Lamnek/Krell 2010, S. 161). Die folgende empirische Analyse versucht, diesem Anspruch gerecht zu werden und soll einen wesentlichen Beitrag zur Klärung der Rolle und der Aktivitäten von Arbeitsinspektion und gesetzlicher Unfallversicherung leisten. Beide treten als zentrale Vermittlungs-und Übersetzungsstellen zwischen gesetzlichen Anforderungen zum präventiven Umgang mit psychischen Belastungen und der praktischen Umsetzung im betrieblichen Kontext auf. Theoretisch-konzeptionell ist diese Studie eingebettet in den konstruktivistischen Institutionalisierungsansatz von Berger und Luckmann (2009; siehe Kapitel 1.2), weshalb mit qualitativen Methoden der interpretativen Sozialforschung gearbeitet wird. Im Zentrum stehen die Regeln der Wirklichkeitskonstruktion von Akteur*innen und die Frage, »was sie dazu bringt, in bestimmter Weise zu sprechen oder zu handeln, und was das für die Entwicklung des Handlungsfeldes bedeutet« (Lueger 2010, S. 21, Herv. i. O.).
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