ZusammenfassungDie biostatistische Bewertung DNA-analytischer Befunde unterstützt Gerichte bei der Einschätzung des Beweiswertes einer Spur. In der Praxis werden dabei zunehmend Spuren mit minimaler DNA-Menge und möglichen „Drop-in“- und „Drop-out“-Ereignissen sowie komplexe Mischspuren analysiert. Solche Spuren sind mit einer klassischen „binären“ Berechnung biostatistisch häufig nicht oder nur eingeschränkt bewertbar.Die Entwicklung vollkontinuierlicher Modelle (VKM) macht eine Vielzahl dieser bisher nicht berechenbaren Spuren einer biostatistischen Bewertung zugänglich. Dabei werden nahezu sämtliche verfügbaren Informationen einer DNA-Spur in die Berechnung einbezogen. Während diese probabilistischen Verfahren international bereits vielfach zum Einsatz kommen, liegen hierzu im deutschsprachigen Raum nur wenige Erfahrungen vor.Um Funktionsweise, Möglichkeiten und Grenzen von VKM-Berechnungen zu erfassen, wurden Mischspuren bekannter Zusammensetzung mit 4 aktuell verfügbaren VKM-Programmen vergleichend analysiert. Bei der Auswertung wurden zentrale Aspekte betrachtet, wie beispielsweise die Konkordanz von Berechnungsergebnissen, der Einfluss von Drop-in- und Drop-out-Ereignissen auf die berechneten vollkontinuierlichen LR-Werte (LRfc) sowie die Ableitung recherchefähiger DNA-Profile mithilfe wahrscheinlichkeitsbasierter Prognosen (Deconvolution).Die im Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Erfahrungen bilden, zusammen mit weiteren bereits international publizierten Studien, eine Basis für Empfehlungen zum Einsatz von VKM-basierter Software bei der biostatistischen Bewertung DNA-analytischer Befunde.
ZusammenfassungDie biostatistische Bewertung DNA-analytischer Befunde unterstützt Gerichte bei der Einschätzung des Beweiswertes hinsichtlich einer möglichen Spurenbeteiligung durch eine zu betrachtende Person (engl. „Person Of Interest“; POI). Um die Vergleichbarkeit derartiger Berechnungen auf Grundlage etablierter wissenschaftlicher Standards zu gewährleisten, wurden bereits in der Vergangenheit entsprechende Empfehlungen im nationalen Konsens formuliert.Mit Einführung sog. vollkontinuierlicher Modelle (VKM) für die probabilistische Genotypisierung, die u. a. die Signalintensitäten eines Elektropherogramms berücksichtigen, wurde eine Ergänzung zu den damaligen Empfehlungen erforderlich. VKM erlauben eine biostatistische Bewertung von Spuren mit möglichen Drop-in- und Drop-out-Ereignissen und wahrscheinlichkeitsbasierte Prognosen der zu einer Mischspur beitragenden Genotypen („Deconvolution“).Die vorliegende Veröffentlichung enthält Empfehlungen zum Einsatz VKM-basierter Software und zur Berichterstattung vollkontinuierlicher LR-Werte (engl. „Fully Continuous Likelihood Ratios“; LRfc). Sie empfiehlt bei schwierig zu interpretierenden Befunden eine VKM-Berechnung zur Bewertung einer Spurenlegerschaft. Die VKM-Berechnung ersetzt die bisher in Ausnahmefällen als hinnehmbar erachtete Vorgehensweise einer binären Berechnung unter Ausklammern einzelner Merkmalssysteme. Der Einsatz von VKM erfordert eine umfassende Anwenderschulung sowie eine Validierung und Verifizierung gemäß den Vorgaben der Programmanbieter. Mit der Empfehlung von LRfc-Schwellenwerten soll eine sichere, vergleichbare Anwendung von VKM gewährleistet werden.
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