Ist Johannes Tauler und sein Werk einer Schule zuzurechnen? Wie steht es mit Eckhart von Hochheim, geht sein Denken aus derselben, älteren Schultradition hervor? Und wie hat man sich die Situation im Falle Heinrich Seuses und Dietrichs von Freiberg vorzustellen? Sind diese Figuren, allesamt Dominikaner aus dem deutschsprachigen Raum, Vertreter einer sie verbindenden Schule? Gewiß, das Denken dieser in ihren Texten so verschiedenen spätmittelalterlichen Autoren ist auf Schultraditionen zu beziehen. Und zweifellos müssen, dies hat die Forschung der letzten Jahre im Anschluß an ältere Untersuchungen vor allem Martin Grabmanns deutlich gemacht, Eckhart, Tauler und Seuse im Kontext, das heißt, im Blick auf die zeitgenössische Einbettung ihrer Texte gelesen werden. Dabei spielt die Schule, aus der sie kommen, eine wichtige Rolle. Bei den deutschsprachigen Dominikanern ist dies in den meisten Fällen zunächst das Studium generale des Ordens in Köln, wo Albert der Große Mitte des 13. Jahrhunderts gelehrt hat und Thomas von Aquin sein Student war. So gehören denn die genannten Figuren, insofern sich ihr Studiengang, ihre Texte oder ihre Tätigkeit auf Köln beziehen läßt, zur ,deutschen Dominikanerschule' 1 , oder, wie man früher sagte, zur "deutschen Dominikanerscholastik" 2 . Wir wissen denn auch, daß Albertus Magnus, Johannes Picardi von Lichtenberg, Berthold von Moosburg und Heinrich de Cervo dort gelehrt, daß Ulrich von Straßburg, Johannes von Dambach, Konrad von Halberstadt und Heinrich Seuse dort studiert haben. Bei anderen, etwa Heinrich von Lübeck, Nikolaus von Straßburg, Johannes und Gerhard von Sterngassen, Dietrich von Freiberg und Meister Eckhart 1 Zur .deutschen Dominikanerschule' siehe neben den in den folgenden Anmerkungen zitierten Studien von L. Sturlese: R. Imbach et al. (eds.), Albert der Große und die deutsche Dominikanerschule, Freiburg 1985; M. J. F M. Hoenen / A. de Libera (eds.), Albertus Magnus und der Albertismus. Deutsche philosophische Kultur des Mittelalters, Leiden etc. 1995. -Ich verzichte hier auf ausführliche Literaturangaben und verweise auf die folgenden Forschungsberichte: N. Largier, Meister Eckhart.