Zusammenfassung Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Größe von Gebietskörperschaften und politischer Partizipation erfährt vor dem Hintergrund der gescheiterten Kreisgebietsreformen in Brandenburg und Thüringen neue Aufmerksamkeit. Besonders in den Vordergrund gerückt sind dabei Arbeiten, die davon ausgehen, dass in größeren Kreisstrukturen die politische Integrationskraft abnimmt und damit das Partizipationsverhalten-gerade auch bei Wahlen-negativ beeinflusst wird, obwohl weder die Theorie noch die bisherige Empirie eindeutige Hinweise darauf liefern. Auf der Basis struktureller Daten für alle deutschen Landkreise und mithilfe eines hierarchischen Regressionsmodells zeigt sich für die Bundestagswahl 2017 empirisch kein derartiger Effekt: Unter Kontrolle zusätzlicher Variablen weisen größere Kreise weder eine niedrigere Wahlbeteiligung noch einen höheren AfD-Wähleranteil auf. Eventuelle Zusammenhänge zwischen der Größe von Landkreisen und dem Wahlverhalten lassen sich vielmehr durch systematische Bundesländerunterschiede erklären als durch die Größe der Kreise an sich. Damit liefert diese Untersuchung einen wichtigen und überaus praxisrelevanten Beitrag zur Versachlichung der Diskussion über Kreisgebietsreformen.
Wirksame Finanzaufsicht über die Kommunen. Dimensionen und Determinanten der Umsetzungspraxis Zusammenfassung In Zeiten einer in vielen Kommunen Deutschlands ungebremsten Haushaltskrise kommt der Frage nach der Rolle der staatlichen Finanzaufsicht über die Kommunen eine ungebrochene praktische Bedeutung zu. Obwohl die Finanzaufsicht in allen deutschen Ländern die Vorgabe ausgeglichener kommunaler Haushalte garantieren soll, beschränkte sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Institution meist nur auf rechtlichformale Betrachtungen. Dieser Beitrag nimmt explizit die bisher vernachlässigte Vollzugspraxis der kommunalen Finanzaufsicht in den Blick und analysiert drei für ihre Wirksamkeit als konstitutiv erachtete Aspekte: Die politische Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden, deren Durchsetzungsfähigkeit sowie die Kooperation mit den Kommunen. Der zentralen Frage nach der Bedeutung dieser Dimensionen und deren Bewertung in der Praxis wird in einem ersten, deskriptiven Schritt auf der Basis von bislang einzigartigen Umfragedaten und qualitativen Interviews begegnet. Konsequenterweise ergibt sich daraus die Frage nach zentralen Determinanten der einzelnen Dimensionen, die in einem zweiten, analytischen Schritt durch theoretisch hergeleitete politische und haushaltsbezogene Variablen empirisch beantwortet wird. Die Ergebnisse sind eindeutig: Die Wahrnehmung der Praxis kommunaler Finanzaufsicht ist am ehesten von der fiskalischen Problemlage vor Ort determiniert, Parteicouleur oder parteipolitische Kongruenz zwischen Bürgermeister und Landrat spielen keine Rolle. Schlagworte: Kommunalfinanzen, kommunale Finanzaufsicht, Haushaltskrise, Kassenkredite
AbstractEffective financial supervision at the local level. Dimensions and determinants of its implementation From both a practical and scientific perspective, the controlling authorities for financial supervision play a crucial role at the local level in Germany, especially in the context of the enduring fiscal crisis (faced by a large part of municipalities for years and decades now). Despite their exceptionally important responsibility for ensuring balanced budgets in all municipalities, most prior research has focused solely on legal and formal, but not on practical aspects. By considering three central dimensions of financial supervision -political independence, assertiveness, cooperation with local authorities -we shift the focus to more practical, actorbased aspects. In a first descriptive step, we elaborate on the role of these three dimensions and their practical relevance by using novel survey data and evidence from qualitative interviews. In a second analytical step, we theoretically derive external political and fiscal determinants of these dimensions and test them empirically. The results reveal that the respective local fiscal pressure is much more meaningful in explaining the perception of the supervisory authorities than party affiliation or shared party affiliation between mayor and supervisor.
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