Die Energiewende gilt in Deutschland gegenwärtig als entscheidendes Mittel im Kampf gegen den Klimawandel. Obwohl die politische Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen ein valence issue ist, führt die soziotechnische Großtranstransformation in konkreten lokalen Räumen mitunter zu massiven Konflikten. Während in diesen Auseinandersetzungen um die Energiewende als Ganzes oder deren Umsetzung im Kleinen i.d.R. nur wenige Akteur:innen involviert sind, stehen Viele dem Konflikt eher passiv gegenüber. In den Energiewende-bezogenen Narrationen und Interpretationen der "Unbeteiligten" offenbaren sich - so zeigen wir - verschiedene Zukunftserwartungen und damit auch Annahmen über erhoffte oder befürchtete Entwicklungstendenzen demokratischer Entscheidungsprozesse. Mit dem Begriffsapparat von Reinhart Koselleck rekonstruieren wir auf der Basis umfangreichen qualitativen Interviewmaterials in drei lokalen Konflikten den (zukunftsgerichteten) Erwartungshorizont anhand des damit in einem spannungsreichen Verhältnis stehenden (vergangenheits- und gegenwartsbasierten) Erfahrungsraums. Wir zeigen, dass die Energiewende als Zukunftsprojekt in der Gegenwart eine hohe Relevanz beanspruchen kann, die aus der Perspektive der Befragten nur durch individuelle Einzelanstrengungen einerseits und europäisches Gemeinschaftshandeln andererseits erreicht werden kann. Wir arbeiten heraus, dass allen Krisen zum Trotz eher Fortschrittserwartungen und Naturbeherrschung das Nachdenken über kommende Entwicklungen auf diesem Feld prägen, dass jedoch die Vorstellungen davon, was der Gehalt der Energiewende in der Gegenwart sein könnte, mitunter sehr kontingent sind. Um Konflikte auf dem Feld der Energiewende einzuhegen und das Projekt gelingen zu lassen, muss dieses stets auf das Neue erklärt und begründet werden.
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