Schriftakte/BildakteDer Begriff "Schriftakt" ist durchaus keine Selbstverständlichkeit, zumal er bislang nur aus dem Vertragsrecht bekannt ist. Er bezeichnet dort eine Handlung, die verschiedene Vertragspartner jeweils mit ihrer Unterschrift vollziehen, wodurch Gültigkeit und Verbindlichkeit des vereinbarten Vertragstextes bestätigt werden. In diesem Sinne ist mit "Schriftakt" die Handlung des Unterzeichnens gemeint, wobei der Eigenhändigkeit und der spezifischen →Materialität der Handlung eine große Rolle eingeräumt wird: Je nach Anlass und Rechtskontext kann das Delegieren der Unterschrift strikt untersagt oder durchaus üblich sein ("i. A."), kann die Benutzung von Schreibutensilien und Schriftträger äußerst restriktiv (Füller, blaue Tinte etc.) oder sehr liberal (Digitalunterschrift in einer PDF-Datei) gehandhabt werden. Bemerkenswert ist, dass dieser Schriftakt kaum der Kommunikation im Sinne der Informationsvermittlung dient: Im seltensten Fall wird etwa mit einem Leser im eigentlichen Sinne gerechnetdie Lesbarkeit (→Lesen und Entziffern) der Unterschrift ist somit keine Voraussetzung für deren Gültigkeit; auch die Vollständigkeit der geschriebenen Namen ist hierbei kaum von Belang. Entscheidend ist vielmehr, dass mit der Unterschrift Pflichten und Rechte festgeschrieben und soziale Tatsachen geschaffen werden.Die naheliegende Frage einer Wissenschaft, die sich mit materialen →Textkulturen vortypographischer Zeit auseinandersetzt, lautet: Wodurch kommt Schriftakten -auch jenseits des juristischen Bereichs -eigentlich derartige Autorität, Legitimation und Macht zu? Untersuchungen hierzu liegen bislang nur vereinzelt vor; von einer systematischen Erschließung und Durchdringung des Themas ist bislang nicht zu reden. Methodische Anregungen sind allerdings von den Kunst-, Kultur-und Bildwissenschaften zu erwarten, die verwandte Fragen seit dem vor einigen Jahren ausgerufenen iconic turn auf intensive Weise verfolgen. Der Begriff "Bildakt" ist hier schon seit längerem Gegenstand der Diskussion und kann spätestens seit der grundlegenden Publikation von Horst Bredekamp (Theorie des Bildakts, 2010) als etabliert gelten.1Was muss man sich nun unter einem "Bildakt" vorstellen? Erstens kann die konzeptionelle und materielle Herstellung von Bildern gemeint sein, zweitens der Akt der Rezeption derselben, drittens der (performative) Umgang mit →Artefakten und viertens die den Bildern selbst zugeschriebenen Aktivitäten und Handlungspotentiale.Dieser Beitrag ist im SFB 933 "Materiale Textkulturen" entstanden, der durch die DFG finanziert wird. 1 Zur Thematik siehe auch das von Horst Bredekamp und John Michael Krois initiierte und seit 2008 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierte Forscher-Kolleg "Bildakt und Verkörperung" an der Humboldt-Universität in Berlin. Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 3.0 Lizenz. © 2015, Frese, Keil.Brought to you by |
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