Noch vor 100 Jahren hatte ein Patient mit fortgeschrittener Lungentuberkuloseallermeist einhergehend mit der Entstehung von Defektzonen der Lunge (Kavernen)nur eine geringe Überlebenschance.Erst kurz vor dem 1. Weltkrieg und v. a. in den 1920er-und 1930er-Jahren wurden Operationsmethoden zur Kompression der Lunge und der in ihr liegenden Hohlraumbildungen entwickelt: der künstliche Pneumothoraxkleineund die operative Verformung des Brustkorbes durch Rippenentfernung und Rippenkürzunggroße Kollapstherapie (▶ Abb. 1).Eine weit schonendere Methode, die Lunge zusammenzudrückenv. a. bei den in der Lungenspitze gelegenen Prozessenwar das Abschälen der extrapleuralen Faszie und die Verdrängung der wandständigen Pleura und der Lunge nach kaudal (▶ Abb. 2). Diese Methode fand vornehmlich Anwendung bei ▪ doppelseitig tuberkulös erkrankten Lungen mit Kavernenbildung, ▪ starker Verschwartung um Kavernengebiete und ▪ schlechtem Allgemeinzustand, der weder eine Thorakoplastik noch eine Lokalresektion der Lunge erlaubte.
Vor dem Sieg der Chemotherapie über das krankmachende Mykobakterium gab es als wirksame Methode, schwere Formen der Lungentuberkulose zu behandeln, eigentlich nur die komplikationsreichen Methoden der Kollapstherapie. Scheinbar ungefährlicher und weniger aufwändig erschien die Anwendung von Röntgenstrahlen, mit denen bereits kurz nach ihrer Entdeckung ( 1895) Hauterkrankungen und v. a. Entzündungsherde auf des Körpers Oberfläche und in seinem Innern erfolgreich therapiert wurden. Was lag also näher als der Versuch, auch die tuberkulösen Infiltrate und ihre Hohlräume (Kavernen) zu bestrahlen? An die Möglichkeit, die von Tuberkulose befallenen Herde mit Röntgenstrahlen narbig zu umschließen und zum Einschrumpfen zu bringen, vielleicht auch die sehr widerstandsfähigen Bakterien in ihnen direkt zu schädigen, war bereits Ende des 19. Jahrhunderts gedacht worden [1-4]. Erste Schritte in der Strahlentherapie der Tuberkulose Lortet und Genoud bestrahlten seit 1896 mit Tuberkelbakterien geimpfte Meerschweinchen. Schon einige Wochen später sah man auf der bestrahlten Inokulationstelle deutliche Narbenbil-dung. Die unbestrahlten Kontrolltiere wiesen dagegen lokale Knoten, Abszesse und regionale Lymphknotenschwellung auf [5, 6]. 1898 bestrahlten Jean Bergonié und K. Tessier Meerschweinchen nach intrapleuraler, intraperitonealer und intratrachealer Applikation tuberkulösen Materials. Ein Einfluss auf die Tuberkelbakterien wurde nicht festgestellt. Es fiel aber eine deutliche Sklerosierung der erkrankten Pleurablätter und eine narbige Verdickung des Peritoneums auf. Die Beobachtung dieser Strahlenwirkung veranlasste sie schon damals, auf die Gefahr einer sklerosierenden Lungenschädigung hinzuweisen. Tessier beobachtete einen später verstorbenen Patienten, bei dem die Bestrahlung einer Lungentuberkulose im Spitzengebiet infolge unzureichender Einstellung eine massive tuberkulöse Lymphknotenschwellung am Hals erfasst hatte. Bei der Autopsie zeigte sich die Schwellung eingeschrumpft und durch Narben ersetzt. Auch er sah in dieser erheblichen Sklerosierungsreaktion eine Gefahr für das weit sensiblere Lungengewebe [7, 8].Die wenig überzeugenden ersten Ergebnisse führten vorübergehend zu einem Stillstand der Versuche an der Lunge, bis in den Jahren kurz vor dem 1. Weltkrieg de la Camp, Küpferle und Bacmeister in Freiburg erneut das Experiment am Tier und schließlich auch am Menschen aufnahmen. Angeregt dazu wurden sie durch die erfolgreichen Bestrahlungen von entzündlichen Erkrankungeneinschließlich der Eileiter-Tuberkulosein der Freiburger Frauenklinik (Krönig und Gauss), die bald ihre Nachahmer fanden [9][10][11].Einer fast zeitgleich ausprobierten Niedrigdosis-Therapie mit Radium (Szendeffy) war nur eine kurze Lebensdauer beschieden.Die Radiotherapie der Lungentuberkulose * Ein heute vergessenes Experiment auf unsicherem Grund
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