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Antimoderne Dichtungstheorien in der Schweizer Germanistik vor und nach 1945Aus einem dezidiert gegen die gesellschaftliche und ästhetische Moderne gerichteten Selbstverständnis heraus suchten die Schweizer Germanisten in den dreißiger Jahren die kulturelle Autonomie der Schweiz gegenüber dem »Dritten Reich« zu behaupten, befürworteten aber zugleich eine völkisch-nationale Literaturpolitik. Ausgehend von der Bedeutung antimoderner Dichtungstheorien im literaturwissenschaftlichen Diskurs der Schweizer Germanistik rekonstruiert der vorliegende Beitrag deren Verstrickung in die Ideologiegeschichte des Nationalsozialismus und diskutiert die Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen sich eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bis in die sechziger Jahre ausblenden ließ.Seeing themselves äs essentially opposed to social and aesthetic modernism the Swiss germanists attempted in the 1930's to maintain Switzerland's cultural autonomy against the Third Reich. At the same time, however, they favoured a 'völkisch* and nationalistic literary policy. Starting out from the importance of anti-modernistic poetic theories in literary discourse among Swiss germanists, this essay traces their involvement with the ideological history of National Sqcialism and examines the conditions which allowed a critical discussion of the past to be suppressed until the 1960's. »Wie wir räumlich in die Mitte Europas gestellt sind, so verweist uns wohl ein gesunder Instinkt auf das Mittlere.« 1 Der Zürcher Literaturwissenschaftler Robert Faesi suchte mit dieser Umschreibung 1939 das »geistige Leben« der Schweiz zu charakterisieren, wobei er seine Vorstellung von einer intakten Mitte im Blick auf die Literatur wie folgt präzisierte: Mögen wir allzu vorsichtig auch Absterbendes und Erstarrtes in dem grossen Erbe mitübernommen haben, [...] so können wir es alles in allem nicht bereuen, dem ganzen Fluch einer desorientierten Generadon entronnen zu sein: ihrer Voreiligkeit und Verwirrung, ihrer Wurzellosigkeit und Experimentiersucht, ihrem wilden Pendelausschlag zwischen Extremen, etwa denen eines mechanisierenden Rationalismus und einer romantischen Irrationalität. [...] Mit dem Schlagwort von »Blut und Boden« braucht bei uns nicht geworben zu werden; solche Mächte sind uns die tatsächlichen und selbstverständlichen Grundlagen der Kultur, und der Asphalt ist trotz der Vergrösserung der Städte noch keine schwere Gefahr für sie. 2 1 Robert Faesi: Lernen und Wissen -Denken und Dichten. Das geistige Leben der Schweiz. In: Schweizerische Landesausstellung 1939 (Hg.): Die Schweiz im Spiegel der Landesausstellung II. Zürich: Atlantis 1940, S. 419-422, hier S. 419f. 2 Ebd., S. 419f. Robert Faesi (1883-1972) lehrte an der Universität Zürich ab 1922 als außerordentlicher und von 1943 bis 1953 als ordentlicher Professor für neuere deutsche und schweizerische Literatur; als Präsident des Schriftstellervereins, der Schiller-Brought to you by | Stockholms Universitet Authenticated Download Date | 7/6/15 1:39 PM Diskars der Mitte 37 Was Faesi der S...
In der Züricher Novelle mit dem Titel Der Landvogt von Greifensee (1878) erzählt Gottfried Keller die Geschichte des Landvogts Salomon Landolt, den er als »Original« 1 und als Grenzgänger zwischen alter und neuer Welt zeigt. Die am Ende des 18. Jahrhunderts spielende Novelle verbindet historische Fakten mit frei erfundenen Szenen und Begebenheiten. 2 Zu diesen Begebenheiten gehört auch ein Streit zwischen Landolt und seiner Großmutter, die, nachdem sie von den Heiratsabsichten ihres Lieblingsenkels erfahren hat, dessen Pläne entschieden bekämpft: »Weißt Du, daß ich dich enterbe, wenn Du heiratest?« rief sie, selbst entsetzt über diesen Gedanken; »das fehlte mir, daß so ein scharrendes Huhn einst über meine Kisten und Kasten kommt! Und Du? Wie willst Du denn ein Weib ertragen lernen? Wie willst Du es aushalten, wenn z. B. eine den ganzen Tag lügt? oder eine, die über alle Welt lästert, so daß dein ehrlicher Tisch eine Stätte der Schmähsucht wird, oder eine, die immer etwas ißt, wo sie steht und geht, und dazu klatscht während des Kauens? wie wirst Du dastehen, wenn Du eine hast, die in den Kaufläden mauset, oder die Schulden macht […]?« 3
Der erste Band der neuen Schriften der Theodor Fontane Gesellschaft setzt die beiden Hauptrepräsentanten des literarischen Realismus Gottfried Keller (1819-1890) und Theodor Fontane (1819-1898) in Beziehung. Die vergleichende Lektüre ihrer Werke vermittelt beispielhaft Einblick in die künstlerischen Positionen und ästhetischen Verfahren, die das Schreiben in der nachrevolutionären Konstellation von 1848 bis zur Ausdifferenzierung der Moderne um 1900 prägten. Die wechselseitige Erhellung vermag zugleich, die beiden Autoren in den Eigenheiten ihrer Schreibweise, in ihren je besonderen biographischen und politischen Zusammenhängen erkennbar zu machen. Der Band versammelt die Beiträge des internationalen Symposiums, das die Theodor Fontane Gesellschaft und die Gottfried Keller-Gesellschaft 2006 in Zürich veranstalteten. Beiträgerinnen und Beiträger: Peter
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