Die bisherigen Anwendungen neuer digitaler Methoden (BIM) im Infrastrukturbau lassen die Erkenntnis reifen, dass ein reines Bauwerksmodell für die ambitionierten Ziele eines optimierten Planungsprozesses und in weiterer Folge einer optimierten Bauabwicklung nicht ausreichend ist. Es bedarf zweier zusätzlicher Modellierungen: jener des Baugrunds und jener der Baustelle. Im Infrastruktur‐ und vor allem Untertagebau sind der Baugrund und dessen Interaktion mit dem Bauwerk von enormer Bedeutung. Deshalb gilt es diesen anhand eines Baugrundmodells entsprechend abzubilden und damit dem Idealfall eines digitalen Zwillings gerecht zu werden. Die Modellierung des Baugrunds geht über eine rein dreidimensionale geometrische Darstellung hinaus und hat der BIM‐Methode zu folgen, nämlich Volumenkörpern Informationen und Merkmale zuzuweisen. Darüber hinaus zeigen laufende internationale Großprojekte deutlich, dass die Optimierung baubetrieblicher Aspekte, eine sorgfältige Planung der Baustelleneinrichtung und eine konsequente Auslegung der Logistik eine maßgebliche Rolle für die Produktionsleistung der Vortriebe und damit für eine erhöhte Kosten‐ und Terminsicherheit einnehmen. Deshalb wird von den Autoren in diesem Beitrag die Einführung eines Infrastruktur‐Informationsmodells vorgestellt, welches die drei Teilmodelle Baugrund, Bauwerk und Baustelle beinhaltet. Dabei wird der Schwerpunkt exemplarisch auf den Hohlraumbau, genauer auf den maschinellen Tunnelvortrieb, gelegt.
Digitale Bauwerksmodelle zur Unterstützung der relevanten Prozesse in der Wertschöpfungskette Bau erobern zunehmend den Infrastrukturbau. Während im Hochbau 3‐D‐Planung und BIM gebräuchlich sind, werden die Planungsunterlagen von Infrastrukturbauwerken derzeit noch mehrheitlich in 2‐D ausgearbeitet. Falls die Planung dreidimensional erfolgt, werden in den wenigsten Fällen den Volumenkörpern Eigenschaften zugeordnet. Diese Zuordnung wäre jedoch eine Grundvoraussetzung für die „BIM‐Arbeitsweise“. Ein weiterer Unterschied zum Hochbau ist die wesentlich stärkere Interaktion der gewählten Baumethoden mit dem Baugrund. Dies trifft in speziellem Maße auf den Tunnelbau zu, da das Baugrundverhalten primär von der Interaktion des gewählten Bauverfahrens mit dem Baugrund abhängig ist. Trotz umfassender Vorauserkundungsmaßnahmen sind die geotechnischen Eigenschaften und das Baugrundverhalten im Voraus nie vollständig bekannt. Bei der Anwendung von BIM im Infrastrukturbau ergeben sich somit spezielle Anforderungen an das digitale Baugrundmodell, um dieses als umfassende Basis für die typischen Anwendungsfälle wie Simulation und Auswahl von Bauverfahren, Massen‐ und Kostenermittlungen, Beobachtung und Dokumentation des Baugrundverhaltens während dem Vortrieb verwenden zu können. Im vorliegenden Beitrag wird ein prototypischer Weg aufgezeigt, wie ein Baugrundmodell in einer BIM‐fähigen Software erstellt und verarbeitet werden kann.
Die Abwicklung aller Prozesse im Lebenszyklus eines Bauwerks unter Zuhilfenahme eines digitalen Gebäudemodells ist vor allem im europäischen Raum untrennbar mit dem Begriff Open BIM verbunden. Durch die in Mitteleuropa vorhandene heterogene Softwarelandschaft entstehen Probleme im Datenaustausch, wofür prinzipiell zwei Lösungsansätze zur Verfügung stehen. Zum einen ist dies die Abwicklung von Projekten in einer Closed‐BIM‐Herangehensweise und zum anderen die Anwendung von Open BIM, wofür herstellerneutrale Dateiformate und Datenstrukturen erforderlich sind. Dabei gilt das Format IFC als Stand der Technik. Jedoch werden dort nicht alle sogenannten Merkmale von Bauteilen, welche hauptsächlich deren Qualitäten definieren, abgebildet. Der wesentliche Punkt im Datenaustausch ist die Vereinheitlichung dieser Merkmale – also die Bereitstellung einer auch international „gemeinsamen Sprache“ durch die Anbindung an das buildingSmart Data Dictionary. Aus diesem Grund wurde das Konzept des Merkmalservers entwickelt. Auf diesem können alle entsprechenden Eigenschaften, Einheiten, Bemessungen etc. gespeichert und mit einem maschinenlesbaren Code versehen werden. Um die Anwendungsmöglichkeiten und auch den Bedarf an Merkmalen zu demonstrieren, wird ein idealtypischer BIM‐Prozess entlang der Wertschöpfungskette Bau dargestellt. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Funktionen und die Möglichkeiten eines Merkmalservers gelegt. Die Umsetzung dieses Konzepts wird anhand des in den Forschungsprojekten freeBIM entwickelten Merkmalservers und den im Zuge dessen implementierten Softwaretools aufgezeigt. Das Konzept des Merkmalservers leistet einen wesentlichen Beitrag zur Optimierung des Open‐BIM‐Prozesses, erfordert jedoch eine gemeinsame und abgestimmte Herangehensweise sowohl im nationalen als auch internationalen Kontext.
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