Zusammenfassung
Zu den politischen Reformen Solons gehört das Stasisgesetz, das in der Forschung unterschiedlich gedeutet wird, meist als Versuch Solons, einen Bürgerkrieg im Keim zu ersticken, weil opponierende Adelige damit rechnen mußten, daß sich ihnen die Mehrheit der attischen Bürger entgegenstellte. Eine Untersuchung der frühen Belege für stásis zeigt, daß das Wort den Bürgerkrieg bezeichnen kann, häufig aber einen Konflikt meint, eine Spaltung der Bürgerschaft in einer politisch brisanten Situation, die durch eine Abstimmung entschieden wurde, so daß eine gewaltsame Auseinandersetzung vermieden werden konnte. In einen solchen Kontext gestellt ist das Stasisgesetz kein Aufruf an die Bürger, bei einem Bürgerkrieg zu den Waffen zu greifen, sondern kann als Verpflichtung gedeutet werden, in einer politisch brisanten Situation an einer Abstimmung teilzunehmen. Der Kontext, in dem das Gesetz überliefert ist, legt nahe, daß sich das Gesetz auf Anklagen vor dem Areopag bezieht. Bei einem Tyrannisversuch, einem Kampf um die Ämter oder einem scharfen politischen Konflikt wurden also die Areopagiten verpflichtet, bei der Abstimmung durch Stimmabgabe Stellung für die eine oder andere Seite zu beziehen. Das Stasisgesetz kann daher als geringer formalisierte Vorform des Ostrakismos verstanden werden. Möglicherweise weil sich das Entscheidungsverfahren im Areopag nicht bewährt hatte, übertrug Kleisthenes die Entscheidung am Ende des 6. Jh. vom Areopag auf das Volk und ersetzte die Verpflichtung zur Stimmabgabe durch ein Mindestquorum.
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