EDITORIAL nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn n ¹Albuquerque. 5. Januar 2000 (AP). Patientin erwacht nach 16 Jahren aus dem Koma.ª (FAZ vom 6.1.2000) Diese oder ähnliche journalistische Nachrichten aus seriösen Tageszeitschriften, die Laien und ¾rzte ebenso überraschen wie nachdenklich machen, mögen die Schwierigkeiten der Vorhersagbarkeit des klinischen ¹Outcomeª eines individuellen Patienten deutlich machen. Die Frage nach der Prognose bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) stellt sich dem Kliniker nicht nur aus wissenschaftlichem Interesse, sondern wird von Angehö-rigen schädel-hirn-verletzter Patienten in der täglichen Praxis sehr konkret gestellt. Über den individuellen Schicksalsfall hinaus, hat die Frage auch erhebliche ethische und sozioökonomische Dimensionen. Während in den frühen siebziger Jahren ¹Outcomeª-Studien hauptsächlich zum Ziel hatten, Therapiekonzepte miteinander zu vergleichen, rücken in den späten achtziger-und neunziger Jahren ökonomische und ethische Aspekte in den Vordergrund. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit und dem Nutzen intensivmedizinischer Maû-nahmen bei schwerst erkrankten und verletzten Patienten im allgemeinen und beim SHT im besonderen erlangte zunehmende Bedeutung und Begriffe wie ¹medical futilityª (futility = Sinnlosigkeit, Nutzlosigkeit, Vergeblichkeit) und ¹over-treatmentª wurden zum Gegenstand der Überlegungen [9]. Es erstaunt nicht, daû die Mehrzahl der Untersuchungen mit dieser Zielrichtung aus den USA und England stammen, wo ökonomische Fragen (¹managed careª, ¹financial reimbursementª, ¹resource utilizationª) und kritische Reflexion der Endpunkte der Ergebnisse intensivtherapeutischer Bemühun-gen (¹functional outcomeª, ¹quality of lifeª, ¹return to employmentª) früher und deutlicher im Vordergrund stehen als in Deutschland.
Jeder in der IntensivmedizinTätige weiss, wie schwierig es ist, Antworten auf diese Fragen mit nur annähernder Sicherheit zu geben. Dies trifft für alle Bereiche der Intensivmedizin zu und die Prognose nach schwerem SHT ist nur ein Beispiel für die Schwierigkeiten, die sich sowohl im Einzelfall als auch bei der wissenschaftlichen Bearbeitung von Patientenkollektiven ergeben. Hierfür gibt es im Falle des SHT mehrere Gründe: 1. die Heterogenität der Verletzungsmuster und der intrakraniellen Pathologie 2. die Heterogenität der Begleitverletzungen 3. die unvollkommen verstandene Pathophysiologie des SHT, insbesondere der sekundären Schädigung 4. die unterschiedlichen Therapiekonzepte der spezifischen Therapie des SHT und der intensivmedizinischen Begleitmaûnahmen sowie der primären notfallmedizinischen Konzepte 5. die unterschiedlichen Rehabilitationskonzepte (Frührehabi-litation vs. Spätrehabilitation oder auch fehlende Rehabilitationsmaûnahmen) 6. die methodischen Schwierigkeiten bei der Vergleichbarkeit der Outcome-Studien (Unterschiede in der Gröûe der Patientenkollektive, Unterschiede der verwendeten ¹Sco-ringª Systeme, Definitionen und ¹Outcomeª-Kriterien, unterschiedliche Ein-und Ausschluûkriterien, unt...