Mit der Rastersondenmikroskopie kann man auf einer Oberfläche adsorbierte Moleküle individuell und mit hoher Auflösung untersuchen. Die Technik, die bei tiefen Temperaturen und im Ultrahochvakuum durchgeführt wird, liefert Informationen über Struktur, Konfiguration, Ladungszustand, Aromatizität und die Beteiligung von Resonanzstrukturen. Durch Funktionalisierung der Spitze eines Rasterkraftmikroskops mit einem CO‐Molekül können Einzelmoleküle mit atomarer Auflösung abgebildet werden, ihre Adsorptionsgeometrie kann gemessen und die Bindungsordnungen im Molekül können bestimmt werden. Mit der Rastertunnelmikroskopie und der Kelvinsondenkraftmikroskopie kann man zudem die Elektronendichte der molekularen Grenzorbitale bzw. die Ladungsverteilung innerhalb des Moleküls kartieren. In Kombination ergeben diese Methoden ein hochauflösendes Verfahren zur Identifizierung und Charakterisierung von Einzelmolekülen. Die Empfindlichkeit auf Einzelmoleküle sowie die Option, durch Manipulation von Atomen mit der Spitze des Mikroskops chemische Reaktionen auszulösen, eröffnen einzigartige chemische Anwendungsmöglichkeiten und heben die Rastersondenmikroskopie von den klassischen Methoden zur molekularen Strukturaufklärung heraus. Somit kann die Rasterkraftmikroskopie nicht nur bei der Identifizierung von schwer zu bestimmenden Naturstoffen helfen, sondern sie ist auch ein leistungsstarkes und besonders gut geeignetes Instrument, um Oberflächenreaktionen zu untersuchen und Radikale und molekulare Mischungen zu charakterisieren. In diesem Aufsatz zeigen wir auf, welche Entwicklung die hochauflösende Rastersondenmikroskopie mit funktionalisierter Spitze bei der molekularen Strukturaufklärung und ‐charakterisierung in den vergangenen Jahren genommen hat, und erörtern die Herausforderungen der kommenden Jahre.