Fragestellung: Das Beratungsgespräch vor Tubenligatur (TL) stellt eine häufige Alltagssituation mit potenziell weitreichenden psychosozialen Folgen dar. Es wurde daher auf Basis der vorhandenen psychosomatischen Literatur und eigener Erfahrungen ein Prognosescore zur psychischen Verarbeitung der TL konstruiert. Er enthält 5 Dimensionen mit je 3 Ausprägungen: Biographie, Selbstwert, Reproduktion/Kontrazeption, Partnerschaft und Entscheidungsfindung. Patientinnen und Methodik: Dieser Score wurde an 3 Patientinnengruppen getestet. Retrospektiv wurden Frauen mit IVF-Wunsch nach TL (n = 43), und Frauen, die mit der Entscheidung zur TL zufrieden waren (n = 56) befragt, sowie prospektiv die präoperative psychosoziale Situation von Frauen mit Wunsch nach TL (n = 58) evaluiert. In der prospektiven Gruppe wurde ein cutoff von £ 7 Punkten angenommen. Ergebnisse: Die 3 Gruppen unterschieden sich signifikant in den Punktewerten zum Zeitpunkt der TL: 5,4 vs. 9,1 vs. 9,3 (p < 0,01). 41/43 Patientinnen der IVF-Gruppe erreichten eine Punktezahl von £ 7 gegenüber 2/56 in der TL-Gruppe. Der Score erzielt somit eine Spezifität von 96 % und eine Sensibilität von 95 %. 6 Patientinnen in der prospektiven Gruppe wurden bei Werten £ 7 nicht ligiert, in 2 besonders gelagerten Einzelfällen wurde trotz Werten £ 7 der Score nicht zur Entscheidung herangezogen. Schlussfolgerung: Mit dem vorgestellten Prognosescore gelingt es mit einer befriedigenden Sensibilität und Spezifität, die psychische Verarbeitung bzw. das Bereuen einer TL vorherzusagen. Er ist im klinischen Alltag auch für nicht speziell psychotherapeutisch ausgebildete Kollegen anwendbar und sowohl als Gesprächsleitfaden als auch zur Dokumentation zu verwenden.